Buch-Cover, Valerian Çaithoque: Aschamdon

Aschamdon

Serie: Amizaras-Chronik (#1)Genre: Urban Fantasy
Seiten: 724
Erschienen: 06/2011 (Original: 2011)
ISBN: 978-3-9814421-0-6
Preis: 24,80 Euro (Hardcover)
Bestellen
bei

Grimoires.de verdient an vermittelten Käufen.

Wertung:  
Grimoires.de    
Wertung: 5/5 Grimoires; 9/10 Punkte, Sehr gut

9/10

Leser (Person-Icon12)  
Wertung: 5/5 Grimoires; 9.3/10 Punkte, Sehr gut

9.3/10

»Details
5/5 Grimoires
(9)
4/5 Grimoires
(2)
3/5 Grimoires
(1)
2/5 Grimoires
(0)
1/5 Grimoires
(0)
0/5 Grimoires
(0)
Deine Wertung:
          

Kurz & Knapp

  • Verbindung von Text und Layout
  • Vielfältige Anspielungen

Rafaela jagt dem Geheimnis des ewigen Lebens nach: Menschen heilen, ihrer Mutter helfen – das ist ihr Wunsch, sagt sie sich zumindest selbst. Doch immer wieder steht sie vor einem neuen Problem; immer wieder gibt es eine neue Hürde zu nehmen, sobald sie einen Auftrag von Aschamdon erfüllt hat…

Atila währenddessen jagt grenzenlosem Reichtum hinterher, den er nun in Händen zu haben glaubt. Doch stattdessen findet er sich bald in einem Jahrtausende alten Krieg zwischen Geheimbünden und den geheimnisvollen Arioch wieder.

Das Buch erhält 9+ von 10 Punkten.

"Aschamdon" als erster Teil der Amizaras-Chroniken ist ein Experiment, das von Standard-Fantasy abweicht. In eine Verbindung aus Mystery und Urban Fantasy finden sich eine Vielzahl von Anspielungen auf die Geschichte der Menschheit - und nur wenige Antworten.

Gesamtkunstwerk mit Schrift und Bild

"Aschamdon" wird in jedem bereits von außen auffallen: Das Buch hat ein deutliches Überformat. Von außen ist es ansonsten recht nüchtern: grau-schwarz mit farbigem Cover-Bild – höchstens die grau-schwarzen Seiten fallen auf; und grau-schwarz sind sie auch von innen. Die Aufmachung des Buches ist "alt und benutzt", was ihm ein unübliches Flair gibt. Daher auch eine ungewöhnliche Seitenfarbe: Verschiedene Graustufen zeigen Gebrauchs-Erscheinungen - in der Mitte meist heller mit "Flecken", am Rand mit eher schwarzen "Abnutzungen". Gelegentlich finden sich auch Risse oder Symbole - nicht immer vollständig. Eine weitere Ergänzung sind Kommentare, manchmal mit einem Sternchen versehen und generell eine Textstelle erklärend. Von wem diese Kommentare stammen bleibt jedoch gänzlich offen – eines der vielen Rätsel, die dieses Werk unbeantwortet lässt.

Neben Text gibt es auch eine große Anzahl an Bildern. Bevorzugt wurden hier authentische Abbildungen eingesetzt, zum Beispiel ein Ankh von 1300 v. Chr. oder auch Tarotkarten aus dem 15. Jahrhundert. Gelegentlich wurde auch neue Kunst kommissioniert – denn Selbstzweck sind die Bilder nie. Auf Farbe wurde dabei verzichtet: dies hätte die Stimmung des Buches zerstört. Einen Eindruck von der grafischen Gestaltung bieten auch ein Durchblätter-Video, das der Verlag veröffentlicht hat sowie eine Dia-Show. Am vollständigen Eindruck eines alten Folianten hindert nur das Material. Aber ganz im Ernst: Eine Leder-Bindung und Pergament würde man auch im Preis allzu deutlich sehen.

Urban Mystery Fantasy mit vielen Religionen

Genug von Illustrationen und Material: Worum geht es eigentlich? Zentral ist für Rafaela die Suche nach dem ewigen Leben; für Atila vor allem das Überleben indem er ein bestimmtes Artefakt findet, zu Geld macht und seine Schulden samt wenig zimperlichem Anhang los wird. Über die Ariach, Über-Wesen, welche die menschliche Kultur vielfach inspiriert haben (zum Beispiel als "Engel"), sind die beide sehr lose miteinander verbunden. In beiden der zwei Handlungsstränge spielen jedoch diese Ariach und Religionen eine wichtige Rolle. Das Christentum scheint dabei ein wenig zentraler zu sein als andere Glaubensrichtungen, nicht zuletzt durch Bild-Verzierungen in lateinischer Sprache. Aber auch auf andere Systeme finden sich Anspielungen und manchmal auch abseits der Religion in das, was man weiterhin als "Mystik" bezeichnet. Dies und das Vorhandensein mehrere (quasi-)religiöser Geheimgesellschaften in zentraler Position deuten auf die Gattung "Mystery“ hin – aber hier gibt es die höheren Wesen, die Ariach, tatsächlich: sie treten in Erscheinung und vergeben Aufträge. Dies schiebt "Aschamdon" weiter in den Bereich der Urban Fantasy.

Aber auch für diese Gattung ist der Roman ungewöhnlich - im positiven Sinne. Einen Konflikt zwischen gut und böse gibt es nicht. Für manchen Leser mag das der größte Kritikpunkt sein: selbst am Ende des Romans weiß man nicht, wer eigentlich was erreichen will; jede klare Aussage hat auch eine gegensätzliche und für eine Prophezeiung gibt es verschiedene Auslegungen die ein und derselben Gruppe mitunter gegensätzliche Ziele zuschreiben. Metaphorisch gesprochen: Hier kämpft nicht schwarz gegen weiß sondern grün gegen orange – und wer sagt mir überhaupt dass mein orange nicht eines anderen pink ist?

Offene Rätsel

Das klingt verwirrend und unzugänglich. Gegenüber ausgenudelter schwarz-weiß Fantasy ist es das auch. Es gibt sehr viele Anspielungen auf Historisches und auf verschiedene Mythen, meist ohne dass diese erklärt werden. Exposition ist auf einem Minimum. Es funktioniert auch ohne, aber insgesamt richtet sich "Aschamdon" und auch die gesamte Amizaras-Chronik Reihe an ein gebildeteres Publikum. Der Roman ist auch ohne lesbar aber man wird vermutlich einiges vermissen. Auch ich schlug einige Namen in Wikipedia nach: in Varianten lässt sich fast alles finden, kaum etwas ist vollkommen neu erfunden aber die Zusammenstellung lässt den Vorwurf eines Plagiats gar nicht erst aufkommen.

Auch die Bilder passen in diesen Zusammenhang: mal sind sie sehr konkret dem Geschehen im Text zuzuordnen; mal ist die Verbindung recht sacht oder distanziert; und manchmal muss man sich geistig verrenken oder schlicht ratlos dastehen. Auch die Frage, wer die Kommentare am Rand einfügte und warum bleibt offen. Was sollen lateinische Wörter wie "futurea" oder begonnene und nicht zu Ende geschriebene Wörter oder gar eine "Palimpsest"-Seite, auf der der Text von einer vorhergehenden erneut durchschimmert? (Das kann natürlich ein Druckfehler sein… aber bei der grafischen Aufmachung des Buches ist Absicht genauso wahrscheinlich.) Die Weisheitssprüche vor jedem Kapitel sind typisch vage: alles und nichts beantwortend.

Ein undurchsichtiger Mischmasch aus Zusammengeworfenem also? Nein, das dann doch nicht, denn für manches wird doch eine überzeugende Erklärung geliefert. Warum müssen sich höhere Wesen zum Beispiel auf Menschen verlassen? Weil sie selbst zerstrittenen Fraktionen angehören und verlernt haben, wie sie miteinander kommunizieren. Menschliche Geheimbünde dienen ihnen nicht nur für ihre Ziele sondern auch als Dolmetscher – und können ganz genretypisch manche Dinge tun, die den Ariach verwehrt sind. Selbst die Spannung kommt nicht aus Actionszenen (die es auch gibt) sondern aus diesen Rätseln: was steckt dahinter? wie geht es weiter? was stimmt denn nun?

Doppelstruktur ohne Ende

Ungewöhnlich ist auch die Struktur der Handlung: Zwei Handlungsstränge sind nicht neu, gewöhnlich laufen diese aber nach ein bis zwei Dritteln zusammen. Hier bleiben sie getrennt: Rafaela von 1944 bis 1965 und Atila durchgehend im Jahr 2002. Dennoch gibt es natürlich Zusammenhänge zwischen den beiden: die Ariach von denen einige auf beide treffen. Über mehr Details kann man erneut nur vermuten: Ist einer von Atilas Begleitern Rafaela unter Decknamen? Denkbar; aber nicht zwangsläufig.

Auch der Folgetitel ("Sarathoas") gibt keine Informationen preis ist er doch wie Aschamdon nur der Name eines Ariach. All das ist ungewöhnlich. Nicht gut; nicht schlecht; nur anders als Standard-Fantasy. Mir ebenso sehr eine positive Abwechslung wie es anderen zu ungewöhnlich sein kann. Auch ungewöhnlich ist, dass ich trotz zweier unbeendeter Plots kein typisches Cliffhanger-Gefühl habe. Ja: Ich will die Fortsetzung lesen, aber inmitten einer Vielzahl von unbeantworteten Fragen verblasse die unabgeschlossene Situation am Ende.

Kritik auf hohem Niveau: Irritierende Fehler

Auffällig sind einige Tippfehler, teilweise wohl auch durch das besondere Seiten-Layout bedingt. Dies ist im Meckern auf hohem Niveau aber auch hier gilt: Fehler irritieren und werfen aus dem Lesefluss. Wenn ich auf einer einzelnen Seite "Papst" und "Pabst" lese, ist das seltsam. Auch einige halb-englische Begriffe fielen durch interessante Schreibung auf – aber scheinbar ohne besondere Absicht.

Eine wirkliche Unschönheit liegt jedoch in der Platzierung einiger Bilder in der Seitenmitte. Der Text fließt links und rechts vorbei – und ist dadurch extrem schlecht lesbar. Das ist auf weniger als einer Handvoll Seiten der Fall. Öfter hingegen endete der Text früher als auf anderen Seiten und suggerierte somit einen Szenen- oder Kapitelwechsel. Der nicht kommt. Aber ich betone erneut: Dies ist Kritik auf hohem Niveau, die auf andere Werke nicht anwendbar ist, da diese gar keine derartige Gestaltung aufweisen.

Eigenverlag und Autor-Geheimnis

"Aschamdon" als erster Teil der Amizaras-Chroniken ist ein "Experiment" wie der ansonsten anonyme Autor in einem Verlags-Interview angibt. Der Verlag wurde eigens für die Reihe gegründet und aufgrund seiner finanziellen Situation sei der Autor auf den Erfolg nicht angewiesen. Das klingt ein wenig dubios, wenn man Druckkostenzuschuss-Verlage im Hinterkopf hat, die Autoren dafür bezahlen lassen, dass sie ihre Werke Drucken (und selten mehr tun als das). Ein solcher Vorwurf wäre schlicht unfair.

Das Buch ist deutlich aufwändiger produziert als üblich und "normale Verlage" hätten wohl schon hier Vorbehalte. Auch die Mischung aus Mystery und Urban Fantasy mit einem Hauch Verschwörungstheroie und einem sehr weiten aber unklaren Mytholgieraum mit eigener Ergänzung passt nicht vollständig in etablierte und gut gehende Genres. Eine Vielzahl an Anspielungen schließlich macht den Roman unzugänglicher als Mainstream-Lektüre.

Aber gerade das macht ihn für die vermutliche Hauptzielgruppe interessant: "Aschamdon" spricht eher gebildete Leser an; Leser die von Standard-Fantasy auch einmal genug haben und auch offene Fragen schätzen; Leser die nicht alles in endloser Exposition erklärt haben wollen aber gleichzeitig viele Anspielungen schätzen.

Für alle, die ein Grundwissen über weltweite Mythologie besitzen und gerne Fantasy abseits des Mainstreams lesen eine Empfehlung.

Bestellen bei:

Grimoires.de verdient an vermittelten Käufen.

Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .


Leseprobe

Es gibt eine oder mehrere Leseprobe(n) zu diesem Buch:
Aschamdon - Leseprobe (extern)
Aschamdon: Video (Durchblättern) (extern)

Hat Dir diese Rezension geholfen/gefallen?   

Diese Rezension bewerteten 23 positiv und 0 negativ. (7786 Leser bisher.)


Deine Meinung

Sag uns deine Meinung zu Aschamdon





 
Zum Seitenanfang