Buch-Cover, Ben Aaronovitch: Ein Wispern unter Baker Street

Ein Wispern unter Baker Street

Originaltitel: Whispers Under Ground [EN]
Serie: Peter Grant (#3)
Übersetzer: Christine Blum
Genre: Urban Fantasy
Verlag: dtv
Seiten: 447
Erschienen: 06/2013 (Original: 2012)
ISBN: 978-3-423-21448-3
Preis: 9,95 Euro (Softcover)
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Peter Grant ist nun schon länger kein normaler Constable mehr. Denn seit einiger Zeit gehört Peter Grant dem Department der Londoner Polizei an, das sich mit unüblichen (das heißt: magischen) Problemen auseinandersetzt. Über Arbeitsmangel kann sich das inzwischen dreiköpfige Team wahrlich nicht beschweren: Flussgötter, Jazz-Vampire, Geister und seltsame Vorgänge in der Tube und den Abwassertunneln. Die Magie nimmt eindeutig zu. Peters neueste Aufgabe wird dadurch erschwert, dass das jüngste Mordopfer der Sohn eines US-Senators ist. Wie kann man eine eifrige FBI-Agentin abwimmeln, die besser nichts von Magie erfahren sollte?

Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.

Der dritte Roman um Police Constable Peter Grant und Inspector Nightingale wirft neben der Kernhandlung weitere Handlungsfäden aus. Zusätzlich zum Mord an einem amerikanischen Kunststudenten beschäftigt Peter sich mit den "Little Crocodiles", kommt in Kontakt mit fernöstlichen Praktizierenden und versucht weiterhin, der Magie wissenschaftlich auf den Grund zu gehen. Und sie zu beherrschen.

Kontinuität und Serienentwicklung

Im dritten Roman einer Reihe ist immer schon etwas geschehen. Ben Aaronovitch erinnert unaufdringlich daran. Statt endlos zu rekapitulieren, tauchen Figuren unaufdringlich wieder auf. Ereignisse werden erwähnt, wenn sie relevant sind. Man erinnert sich an sie, erkennt, dass diese Geschichte die anderen fortsetzt. Ein Fall ist nicht nur einfach abgehakt. Statt wie bei mancher Fernsehserie gleich zu bleiben, setzt sich im Hintergrund einiges fort: die Flüsse Londons zum Beispiel. Auch das Verhältnis von Peter und Leslie entwickelt sich und rückt leicht in den Vordergrund. Das gemeinsame Magiestudium ist hingegen weniger betont. Allerdings gibt es einige Andeutungen zur Magie: Wie geht man in anderen Ländern mit ihr um? Gibt es dort zusammenarbeitende Praktizierende? Auch das Wort "Fae" fällt. Was das genau heißt, lässt auch der Roman unbeantwortet. Wie Peters magiewissenschaftliche Forschungen wird die Zukunft mehr bringen.

Ohne die vorigen Romane zu kennen, dürfte Lesern etwas fehlen, denn die Vorgeschichte der Charaktere macht einen Teil des Reizes aus. "Ein Wispern unter Baker Street" verzichtet zudem auf eine direkte Konfrontation mit einem eindeutigen Bösen. Die Suche in den Untergrund-Tunneln ist oft eher langsam. Ein zentraler Fokus fehlt. Man kann auch von einer gelegentlichen Langatmigkeit sprechen. Und von zwei Kernhandlungen, wenn man will: Peter untersucht auch die "Little Crocodiles", eine Gruppe Praktizierender, die aus einem Oxforder Diner Club stammen. Zwar wurde diese Handlung bereits im Vorroman angestoßen, wirkt aber wie ein Plot, der zusätzlich in den Roman gesetzt wurde, um ein wenig direktere Action zu bekommen. Das ist nicht katastrophal und funktioniert auch. Aber es ist ein wenig plump.

Konkreter Mord mit solider Polizeiarbeit und untergründiger Magie

In der konkreten Handlung trifft solide Polizeiarbeit auf Magie - und die Notwendigkeit, diese geheim zu halten. Im Zentrum steht bald der Mordfall; ein Aufhänger mit einem Geist verpufft. Der Mord könnte vollkommen mundan sein, wäre da nicht ein Vestigium. Trotzdem ermittelt Peter Grant nicht alleine. Erneut muss er sich mit einem Kommissar auseinandersetzen, der von dem ganzen "Magie-Blödsinn" am liebsten gar nichts hören will. Peter muss also allein ermitteln. Hilfreich (selten mal mehr, öfters eher weniger) ist dabei der Mitbewohner des Verstorbenen, der mehr über Magie zu wissen scheint.

Peters Ermittlungen sind weitestgehend mundan: Geheime Türen, Tunnel, allzu dreckige Abwasser - dazu nur der Hinweis, dass etwas Magisches irgendwo mit dem Mord in Verbindung steht. Dazu das übliche Abgrasen von Verdächtigen. Kritisch kann man hier sagen, dass die Recherchen recht bieder sind und langweilig vor sich gehen - auch im Vergleich zu den ersten Bänden, bei denen alles etwas konkreter greifbar war.

Gleichzeitig sollte man aber nicht übersehen: Es gibt keine zwei Welten. Es gibt kein magisches Hogwarts und eine unmagische Muggle-Welt. Die Magie schwebt dicht unter der Oberfläche der normalen, es gibt keinen Bruch. Das ist eine Leistung des Romans, die viele nicht zustande bringen.

Während seine Polizeikollegen wissen, was Peter tut, muss er seine Arbeit vor der aus Amerika gesandten FBI-Agentin verbergen. Lästig: Hierarchien oder Kooperation sind ihr nicht allzu wichtig und dumm ist sie auch nicht.

Aber was ist nun das "Wispern unter Baker Street"? Hier Genaueres zu sagen, würde viel von der Handlung verraten. Besser wäre überhaupt "Ein Flüstern (im) Untergrund", da die Baker Street zwar Tatort aber eher unwichtig ist. Das Flüstern ist überall unter London zu vernehmen. (Und Sherlock Holmes, an den viele bei der Baker Street denken dürften, kommt nicht vor.) Zur Handlung jedoch nur so viel: Ermittlungen führen Peter und Leslie nicht nur auf Hehlermärkte und ins Kunstmilieu, sondern auch in die viktorianischen Abwassertunnel Londons und die sind nun wirklich alt genug um sich unabhängig und unbemerkt von der Oberfläche zu entwickeln.

London-Stimmung mit Nerd-Humor

Ben Aaronovitch macht Peter Grant zum Erzähler. Peters nerdiger, lässiger Ton schlägt öfter durch. Man findet Anspielungen auf AD&D, Star Wars und Fantasy allgemein - was natürlich auch wenig dazu geeignet ist, sich bei einem gewissen Kommissar anzubiedern. Im Vergleich zu den Vorgängern wirkt dieser Roman aber ein wenig dunkler. Es gibt nach wie vor urkomische Kommentare, aber diese sind selten. Peter bleibt trotzdem Nerd und probiert Dinge, gibt Kommentare, bei denen andere die Augen verdrehen. Seine Zauber gehen manchmal schief. Seine Aktionen und Ideen sind unkonventionell. (Und auch dies trägt zu seinem Ruf bei.) Aber Peter ist auch clever und manche seiner ungewöhnlichen Ideen bringen Ergebnisse.

Im Gegensatz zum mürrischen, zynischen "hardboiled"-Detektiv ist Peter Grant lebensfroh. Manchmal zwar auch sarkastisch, aber generell mit einer "Can-Do!"-Einstellung. Peter konzentriert sich auch beim Erzählen aufs Wesentliche, nutzt viel Dialog und gibt dort Hintergrundinformationen, wo sie nötig sind. Auch mit den "Dresden Files" könnte man diese Reihe vergleichen - und müsste dann vor allem festhalten, dass es weniger (magische) Action gibt. Das ist nicht besser oder schlechter; nur anders.

Apropos Hintergrundinformationen: An einigen Stellen fehlt dann doch etwas, zumindest in der deutschen Übersetzung. Weiß ein deutscher Leser, dass der Strom in England in den Schienen fließt? Und dass ein "Nazareth" nichts mit der Bibel zu tun hat, wird zwar erklärt, aber erst einige Zeit, nachdem der Begriff fällt. Was ein "Low-Copy-DNA-Abgleich" sein soll konnte ich nicht herausfinden. Immerhin kann man es sich grob denken und diese Stolperer sind Kleinigkeiten. Denn insgesamt kommt wieder ein gutes London-Feeling auf, das den Hauptreiz der Reihe ausmachte: das Gefühl, wirklich im echten London zu sein, das man nächstes Wochenende besuchen könnte. Es wirkt einfach echt, überzeugend, real. Allerdings ist auch die Authentizität geringer als in "Mond über Soho" oder "Die Flüsse von London". Warum? Ganz einfach weil kaum ein Tourist in den Untergrund- und Abwassertunneln Londons unterwegs sein soll. Ein Wiedererkennen kann es daher nicht geben.

Auch der dritte "Peter Grant"-Roman ist gelungen, kommt aber nicht ganz an die Vorgänger heran. Wem diese gefielen, der wird auch hier gut unterhalten. Kurze Blicke auf Magie im Rest der Welt werden nicht vertieft, bleiben jedoch als Teaser für weitere Romane im Raum. Romane, auf die ich mich freue.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .


Leseprobe

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Ein Wispern unter Baker Street - Leseprobe (extern)

Zitat(e) aus dem Buch

  • Der Einsatz von Magie endet, wenn man Glück hat, in einem massiven Schlaganfall, und wenn man Pech hat, in einem tödlichen Aneurysma. Die Tatsache, dass vor der Erfindung der Magnetresonanztomografie das erste Warnzeichen für zu intensive magische Betätigung darin bestand, dass man tot umfiel, ist einer der Gründe, weshalb Magie nie zum Massenhobby wurde.

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