Buch-Cover, John Ronald Reuel Tolkien: Das Silmarillion [Hörbuch]

Das Silmarillion [Hörbuch]

Originaltitel: The Silmarillion [EN]
Übersetzer: Wolfgang Krege
Sprecher/Regie: Achim Höppner
Genre: Mythic Fiction
Spieldauer (Min): 926
Erschienen: 11/2014 (Original: 1977)
ISBN: 978-3-8445-1733-0
Preis: 19,95 Euro (CD)
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Vor dem Ersten Zeitalter erklang die Musik der Ainur. Sauron, der Eine Ring, Hobbits, Elben und Menschen sind (ganz wörtlich) noch Zukunftsmusik. Doch erster Missklang kommt auf: Melkor, später als Morgoth bekannt, lässt eigene Töne erklingen und wirkt gegen die Melodie des Schöpfers Eru Ilúvatar. Mittelerde entsteht und der Meister des Verrats versucht, sie sich untertan zu machen. Er stiehlt die Silmaril und beginnt einen Krieg gegen die Valar, zu denen er einst gehörte. Durch üblen Schwur ketten die Söhne Feanors ihr Schicksal an Morgoths - und dies ist nur der Beginn der Finsternis unter dessen Schatten Elben und Menschen fallen und in dem sich dereinst Sauron erhebt.

Das Buch erhält 9- von 10 Punkten.

Wer zum Silmarillion greift, um mehr Gleiches von Tolkien zu bekommen, womöglich unter dem Eindruck der actionbetonten Filme, der erfährt hier einen Schock. Es ist Tolkien. Es ist Mittlerede. Aber das Silmarillion ist doch ganz anders als der Herr der Ringe oder der Hobbit - und noch einmal weiter entfernt von den Filmen. Statt Details oder selbst einzelne Charaktere schildert das Silmarillion die großen Ereignisse und handelt selbst Schlachten, die ganze Zeitalter entscheiden, in Kürze ab. Das hat einen besonderen Reiz - aber einen anderen als Actionfilme. Und es hat einen eigenen Namen: Mythopoesis.

Vorgeschichte von Mittelerde

Das Silmarillion ist eine Sammlung der Schöpfung, der Sagen und der Legenden Mittelerdes. Vielen ist bekannt: Tolkien schrieb mit dem Herrn der Ringe nicht einfach nur einen Fantasy-Roman. Es war nicht das erste Fantasy-Werk, aber so etwas wie der erste große moderne Fantasy-Roman, an dem sich viele orientieren. Und das, obwohl er den Herrn der Ringe nur verfasste, weil Leser nach dem Hobbit mehr wollten.

Aber beim Herrn der Ringe blieb es nicht bzw. dieser meist dreigeteilte Roman war nicht alles: Mittelerde war größer. Tolkien (selbst Linguist) entwickelte drei Elbensprachen, die heute sogar gelehrt werden. Er entwickelte eine eigene Mythologie und Schöpfung für die Welt, bisweilen mit christlichen Anklängen.

Der Herr der Ringe spielt im Dritten Zeitalter. Das Silmarillion hingegen beginnt vor der Zeit selbst und berichtet, was in den ersten Zeitaltern geschah. Auch die Ereignisse des Herrn der Ringe sind Teil dieser Erzählung, die mit Morgoths Anathema in der Musik Erus beginnt und über die Ankunft von Elben, Zwergen und Menschen sowie ihren Streit mit dem "Schwarzen Feind" und untereinander eine Geschichte erzählt, die weit epischer ist als der Herr der Ringe - und in deren Gesamtheit selbst Sauron nur ein kleiner, vergleichsweise unbedeutender Diener ist. Markant bei all dem ist vor allem der Stil der Erzählung.

Stil: Mythopoesis - Wenige Details

Tolkien selbst prägte das Wort, mit dem sich das Silmarillion beschreiben lässt: Mythopoesis oder Mythopoeia. Dieses stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Mythenschöpfung", in diesem Kontext vor allem das Erschaffen einer künstlichen Mythologie für eine (Fantasy-)Welt.

Inspiration für diese Gattung sind reale Sagen, Legenden und Mythen, aus deren Fundus sich Autoren meist stark bedienen. Anklänge an verschiedene Sagenbereiche sind daher häufig. In Tolkiens Mittelerde klingt so das midden-erd der Wikinger an. Im Namen Ilúvatar des Weltenschöpfers mag man auch "Allvater" entdecken, einen Beinamen Odins. Die Valar und die Ainur (später als Istari oder Zauberer bekannt, wie Gandalf) werden zudem häufig mit Engeln gleichgesetzt.

Das Silmarillion reicht vom Beginn der Zeit bis über das Dritte Zeitalter hinaus. Dies allein erlaubt schon nicht, auf alle Details einzugehen. Insgesamt gibt es sehr viele Figuren, auch wenn sich diese in einzelnen Kapiteln (= Erzählungen) in Grenzen halten. Actionszenen gibt es nur an ausgewählten Stellen, was diese um so effektiver wirken lässt. Die Charakterisierung der einzelnen Figuren bleibt gering und greift auf Archetypen zurück. Das Silmarillion ist dadurch deutlich näher an der Erzählweise von Sagen und Legenden als am Stil der verfilmten Werke. Wer die Filme gerade wegen der Action liebte, wird zum Silmarillion nur einen schweren Zugang finden. Mir ging es jedoch umgekehrt: Die Filme waren mir zu viel belanglose Action und zu wenig klare Story.

Geschichte von Mittelerde

Auch gibt es eine historische bzw. geschichtliche Komponente: Der Leser erfährt, wie Mittelerde zu dem wurde, was es in den populäreren Werken Tolkiens ist. Es gibt viele Vorausdeutungen, Rückbezüge, Verweise auf gleichzeitiges und späteres Geschehen mit Kommentierungen, dass dies ursächlich wäre für etwas anderes oder als Begründung herangezogen wird, um jenes zu erklären. Häufig tauchen Figuren in leicht anderer Rolle in anderen Geschichten erneut auf.

Auch die Ereignisse des Herrn der Ringe erwähnt diese Mythensammlung von Mittelerde: Aber sie ist ein kleiner Teil, im großen ganzen nahezu unbedeutend. In der Gesamtheit aller Zeitalter ist diese Episode beinahe unbedeutend - allerdings an einem Wendepunkt in der Geschichte der Elben. Einige Anspielungen aus dem Herrn der Ringe findet man hier ausführlicher dargestellt. Über das Ende des Herrn der Ringe hinaus berichten allerdings die Herr der Ringe Anhänge deutlicher.

Auch wenn ich Mythensammlung sage: Diese "Mythen" sind verlässlicher als in der realen Welt - immerhin sind sie vom Weltenarchitekt Tolkien erschaffen. In dieser Hinsicht kommt dem Silmarillion eher der Charakter eines Geschichtsbuchs zu. Allerdings deutlich unterhaltsamer als das, was einem in der Schule aufgezwungen wird: Zwar steht kein einzelner Charakter dauerhaft im Vordergrund, aber in den einzelnen Kapiteln wird meist die Geschichte einiger weniger Figuren erzählt und der Leser begleitet sie auf ihren Abenteuern.

Perfekte Erzählstimme

Ich besitze das Silmarillion auch als Buch, es ist jedoch lange her, das ich es gelesen habe. Ich erinnere mich, dass das Einlesen durchaus ein wenig mühsam war. Nach diesem Hörbuch möchte ich es auch gar nicht mehr, denn eine bessere Stimme als Achim Höppner kann ich mir nicht vorstellen: Rauchig, dumpf, düster. Perfekt fängt er die meist düstere, häufig verzweifelte und nur gelegentlich von großen Taten durchbrochene Stimmung ein. Betont langsam berichtet er, ohne Eile, mit starker Betonung. Allenfalls die sehr englische Aussprache (insbesondere "th", /ð/) kann man seltsam finden, wann man die Namen bisher wie deutsch las.

Wenn jemand das Silmarillion nicht selbst lesen konnte, kann ich das verstehen. Es entspricht nicht den üblichen Lesegewohnheiten - auch mancher Tolkien-Geek wird dabei auf die Probe gestellt. Ich empfehle, dem Hörbuch trotzdem eine Chance zu geben, denn es ist für mich eindeutig ein Hörbuch, das durch die Stimme Achim Höppners gegenüber dem Geschriebenen noch gewinnt.

Begleitheft für Namen und Begriffe

Über drei Zeitalter gibt es natürlich ein großes Personal, viele Figuren. Ein Buch hat hier den Vorteil, dass man im Anhang nachschlagen kann. Dies erkannte wohl auch der Hörverlag, denn der CD-Schuber kommt zusätzlich mit einem Begleitheft. In ihm finden sich neben kurzen Infos zu Tolkien und dem Silmarillion auch einige Stammbäume. Den Großteil jedoch machen das Namensverzeichnis und die Begriffserklärung aus. Braucht man es? Nicht unbedingt, aber hilfreich ist es und sinnvoll zusammengekürzt - denn Mittelerde insgesamt hat noch weit mehr Stammbäume (wie erwähnte Anhänge).

Fazit: Tolkien-Geeks sollten jetzt zu dieser Hörbuchversion greifen!

P. S.: Der dtv-Verlag hat vor einigen Jahren drei Teilerzählungen aus dem Silmarillion bzw. den Unfinished Tales entnommen. Diese Geschichten stehen für sich und verlieren ohne den Rest nicht allzu viel an Kontext. Sie können daher dem Hineinschnuppern dienen:

Ich empfehle jedoch klar das Silmarillion in seiner Gesamtheit und als Hörbuch.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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