Buch-Cover, Diana Wynne Jones: Fauler Zauber

Fauler Zauber

Originaltitel: The Dark Lord of Derkholm [EN]
Übersetzer: Eva Bauche-Eppers
Genre: Humoristische Fantasy
Seiten: 480
Erschienen: 04/2019 (Original: 1998)
ISBN: 978-3-426-52290-5
Preis: 12,99 Euro (Softcover)
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Kurz & Knapp

  • Gelungene Parodie / Dekonstruktion
  • Keine durchgehende Handlung

Es muss endlich Schluss sein mit Mr. Chesneys Pilgerfahrten. Jahr für Jahr bringen diese Besucher aus einer anderen Welt, die natürlich etwas erleben wollen. Und Jahr für Jahr zerstören sie Ernten, töten mehr oder weniger friedliche Einwohner und bringen alles durcheinander. Denn für die Pilger muss alles so sein, wie sie es erwarten. Aber Mr. Chesney loszuwerden ist nicht so einfach, denn er hat einen Pakt mit einem mächtigen Dämon geschlossen.

Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.

Fauler Zauber ist eine Parodie der typischen High Fantasy Welt, die sich in diesem Fall für Touristen öffnet bzw. versucht diese loszuwerden. Hier gibt es keine Helden. Stattdessen sind die Bewohner gezwungen, den Touristen eine Show gleich einem Abenteuerurlaub zu bieten. Dabei nutzt Diana Wynne Jones natürlich altbekannte Handlungselemente, schafft mit der Familie des Dunklen Fürsten aber auch über die Parodie hinaus interessante Figuren.

High Fantasy Parodie

Bringt man Fauler Zauber auf eine Formel, so landet man bei High Fantasy Welt plus Touristen aus einer anderen Welt, vermutlich unserer. Und wenn ich Touristen sage, meine ich auch <> Zahlende Reisende, die etwas erleben wollen. Nicht auserwählte Helden, die diese Welt retten sollen oder in diese Rolle geraten. Und natürlich muss der Dunkle Fürst von jeder einzelnen Pilgergruppe besiegt werden, ohne dass diese je voneinander erfahren.

Dass dies alles sehr kompliziert ist und zudem zu überaus realem Tod und Zerstörung führt, ist den leidenden Bewohnern nur allzu bekannt. Die jährlichen Pilgerfahrten sind daher zu einer ziemlich verhassten Sache geworden: Zeit, etwas zu unternehmen!

Wie man es so kennt beginnt dies mit einer Prophezeiung: Der Zauberer Derk soll Dunkler Fürst werden. Denn einfach nicht mehr mitmachen geht nicht. Man ist vertraglich gebunden. Und so besteht Derks Aufgabe zunächst darin, alles für die Pilger vorzubereiten: angemessen heruntergekommene Dörfer und verlotterte Bewohner, Überfälle, eine große Schlacht - und natürlich der Dunkle Fürst selbst und seine Schreckensburg. Typische Fantasy-Elemente werden hier aufgegriffen und verdreht, denn eigentlich ist niemand enthusiastisch, mitzumachen.

Erwähnen möchte ich zudem auch eine wunderbar gelungene Übersetzung. Natürlich müssen Hinweise auf den Dunklen Fürsten platziert werden; und wie man ihn besiegt. Aus den englischen Gizmos wurden im Deutschen Tinnefs: Imposant anzuschauen, ultimativ nutzlos. Das fand ich absolut passend.

Dunkler Fürst mit Großfamilie

Neben den Auswirkungen der Pilgerfahrten auf die Welt insgesamt rückt vor allem die Familie des Dunklen Fürsten in den Vordergrund und bildet ein größeres Unterthema. Das beginnt damit, dass Derk unter Zauberern als Versager gilt. OK, so Standard für unfreiwillige "Helden". Aber Derk ist tatsächlich seltsam. Er widmet sich mit seiner Magie Tieren und erschafft mit Magie neue Wesen.

Das ist doch nicht neu, Chimären gibt es seit Urzeiten? Stimmt. Aber Derks Tiere sind anders, eher an Genetik orientiert. So verändert er nur einzelne Eigenschaften mit teils kuriosem Effekt. Zu seiner Familie zählen auch einige vernunftbegabte Greife, die er direkt als Söhne und Töchter erachtet und die ganz eigene, unterschiedliche Persönlichkeiten besitzen.

Aber Derk hat auch eine vollkommen menschliche Tochter und einen Sohn, erstere angehende Bardin, letzterer mit besonderer Begabung im Weitwünschen. Wo eine Familie ist, gibt es natürlich auch eine Ehefrau - und die macht Derk zunehmend Sorgen, denn offensichtlich hat sie ihn verlassen und geht voll und ganz in ihrer Rolle als verführerische glamouröse Zauberin auf. Als ob es nicht genug ist, den Dunklen Fürsten mimen zu müssen! Viel lieber würde er die Pilgerfahrten beenden. Aber es hilft nichts und in der ganzen Vorbereitung geraten immer wieder einige Familienmitglieder in Schwierigkeiten. Aber als Familie hält man zusammen - etwas, was man auch selten in Fantasyromanen findet.

Versatzstücke?

Dabei kann man der Gesamthandlung aber einen größeren Vorwurf machen: Sie ist recht unfokussiert und folgt keiner einzelnen Figur oder Handlung. Natürlich gibt es jede Menge zu tun und viele Pilgergruppen. Aber es entsteht kaum ein Bild, dass etwas voranschreitet. Man sieht immer nur einzelne Maßnahmen, nie das Gesamtbild.

Gleich zu Beginn wird Blade, Derks Sohn, einer Touristengrippe als Führer zugeteilt. Dies könnte einen klaren Faden geben und die Sicht der Touristen erlebbar machen. Aber dieser Einsatz kommt erst spät und selbst hier wird reichlich gesprungen - zeitlich, örtlich, perspektivisch.

Ja, es gibt einen ganz grundlegenden Hauptfaden. Dieser folgt der Organisation der Pilgerfahrten und deckt stückweise die Verwicklungen von Mr. Chesney auf. Insgesamt entstand mir jedoch eher der Eindruck von Einzelszenen in einem großen Mosaik. Es ist dabei nur konsequent, dass das Finale durch einige plötzliche Enthüllungen entschieden wird und viele Figuren einen genaueren Platz bekommen.

Allerdings: Andere Dinge bleiben in der Luft hängen. So zum Beispiel die Warnung der Orakel zu beginn, man solle vorsichtig mit seinen Wünschen sein. Ein echter Klassiker: Prophezeiungen haben ja die Tendenz, sich anders zu erfüllen als gedacht. Nur passiert mit dieser Warnung rein gar nichts. Und das wirkt nicht wie eine Parodie, sondern seltsam; wie etwas Versprochenes, das nicht geliefert wurde.

Natürlich baut es auf Bekanntem auf

Ein wenig Entkräften muss ich obigen Vorwurf jedoch. Natürlich sucht sich eine Parodie einer generischen Fantasywelt die bekannten Standards zusammen: Es muss einen Dunklen Fürsten geben; Zwerge horten Gold ebenso wie Drachen; Elfen sind schlank und anmutig. Viele der Leerstellen füllt ein belesener Fantasy-Fan ganz automatisch. Manche Anspielungen wird auch jeder erkennen, wie etwa einen recht seltsamen Zwergennamen. Leichte Twists wie Genetik-Magier Derk mit seiner Familie und die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Greifen machen diese Figuren auch für sich genommen interessant. Im Kern ist diese Parodie aber eine Dekonstruktion einer typischen Fantasy-Welt mit zahllosen Abenteurern, Helden und Monstern. Nüchtern betrachtet kann so eine Welt nur unter recht seltsamen Voraussetzungen langfristig funktionieren. Und um etwas zu dekonstruieren muss man selbstverständlich auf Bekanntem aufbauen.

Auch wenn ich im letzten Abschnitt etwas harsch klinge: Ich habe diesen Roman keineswegs gehasst. Ich habe es genossen, die typischen Fantasyelemente touristifiziert zu sehen. Aber der Roman wirkte eben nicht wie eine komplette Story. Erklärungen sind oft rudimentär und ich vermutete mehr dahinter, bekam aber nie eine Antwort. Ja, ich kann die Lücken mit Standardfantasy füllen, aber ich möchte es gar nicht immer. Manchmal ist das ok; insgesamt hätte ich mir mehr Zusammenhang gewünscht.

Nichtsdestotrotz: Fauler Zauber hat mich sehr gut unterhalten.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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