Vogelfrei
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In einem Moment noch auf einem schottischen Festival in den USA unseres Jahrhunderts findet sich Dylan Robert Matheson im nächsten Augenblick im Schottland des 18. Jahrhunderts wieder. Die dafür verantwortliche Fee ist nicht eben begeistert, als sie feststellt, dass der von ihr erflehte "zweite Chuchulain" nicht einmal gällisch spricht und sich statt dessen der Sprache der Sassunaich (Engländer) bedient.
Nachdem er jedoch von seinen Vorfahren des Clans Matheson gefangengenommen wurde, beginnt Dylan zu verstehen, was ihm widerfahren ist und in welcher Situation er sich befindet. Die Fee, Sinann Eire, weigert sich, ihn zurückzuschicken. Er ist dazu bestimmt, den Clan zu retten und die verhassten Engländer zu besiegen.
Wenig begeistert von dieser Idee lehnt Dylan zunächst vehement ab, doch nach und nach fasst er immer mehr Vertrauen in die Leute und lernt ihr Leben zunehmend schätzen. Zudem ist da die überaus anziehende Tochter des Laird...
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
In ihrem Werk stellt Julianne Lee überzeugend dar, wie sich eine Person mit schottischem Hintergrund fühlen muss, wenn sie plötzlich in eben diese Vergangenheit verschlagen wird. Dass dies auf einem schottischen Festival passiert und diese Person ein Schwertkampf-Lehrer ist, sind natürlich außerordentlich hilfreich in der Zeit der Unabhängigkeits-Kriege - und auch durch den Plot selbst ist dieser Zeitpunkt begründet.
Wie für "historische" Romane üblich, hielt Lee sich an einige Fakten, räumt jedoch im Anhang ein, z.B. den Wohnort des Clans erfunden zu haben, wie auch einiges anderes. Der historische Rahmen stimmt in jedem Fall.
Womit wir bei einem ersten Manko wären, das vermutlich mit der deutschen Übersetzung zusammenhängt. Mehrfach erwähnt der Protagonist, ein Wort nicht zu verstehen, da es "vermutlich veraltet" ist. Auf die genannten Worte, u.a. "Niederkunft", trifft das aber nun ganz und gar nicht zu. Sie sind auch heute noch üblich. Im englischen Original waren dies sicherlich alt-englische Ausdrücke, die inzwischen durch ein "modernes" Pendant ersetzt worden sind - im Deutschen wirkt die Aussage unsinnig, insbesondere da Dylan längere Zeit an etwas überlegt und brillierend die Lösung präsentiert nachdem der Leser sie schon längst (nämlich sofort) kannte.
Durch Dylans Anwesenheit in der Vergangenheit erzeugt die Autorin außerdem ein altbekanntes Zeitreiseproblem: Dylan wird sein eigener Ahne. Das Problem wird hier jedoch gleich im Keim erstickt, indem Dylan von sich gibt, er sei schon immer Teil der Geschichte gewesen. Untermauert wird dies noch von der Fee in der Gegenwart, welche genau weiss, was sie tun wird weil die Auswirkungen früher sichtbar wurden. Somit stellt sich die Autorin indirekt auf die Seite jener, welche sagen, alles ist vorherbestimmt. Der Geschichte tut es zum Glück keinen Abbruch: Der Leser kennt sie schließlich nicht und der Ausgang bleibt vollkommen ungewiss.
Bliebe noch ein kleineres Problem zu erwähnen: Die Autorin schriebt in Teilen in der Gegenwart. Damit ist jedoch ziemlich exakt das Jahr der Erstveröffentlichung des Buches gemeint, da auf Dinge VOR der Jahrtausendwende angespielt wird. Da die Übersetzung später stattfand machen diese Andeutungen nicht unbedingt Sinn. (Es ist immer übel, von nicht irgendwie angegebenen Zeiten einfach auszugehen. Ein Leser mag anderes vermuten und sich wundern, wie hier. Alles machte auch im Jahre 2003 Sinn, bis zu einem Kommentar über das Jahrhundert und den bevorstehenden Wechsle des selbigen).
Bis auf diese kleinen durch unser Jahrhundert verursachten Probleme ist die Geschichte jedoch durchaus als für die Zeit typisch ansehbar. Sie ist nahezu durchgehend spannend. Das Genre historischer Roman verpasst der erste Teil des "Schwert der Zeit"-Zyklus letztendlich nur durch die Existenz einer Fee und dem aus unserer Zeit herausgerissenen Dylan (sowie indirekt einer etwas reicheren Imagination der Autorin). Wer sich als Historienliebhaber nicht daran stört oder als Fantasyfan auch historischen Realitäts-Touch mag, kann beruhigt zugreifen - glorreiche Helden sind nicht zu erwarten.
Ebensowenig driftet der Roman in eine von Liebe und Sehnsucht starrende Schnulze ab, wie man aufgrund des Rückentextes befürchten könnte. Im Ende bleibt eben gute, historische Fantasy im Schottland des 18. Jahrhunderts (mit einem sehr geringen Anteil Fantasy).
Gelesen wurde eine (unveränderte) Neuauflage. Die erste Übersetzung erschien im Juni 2001.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Zitat(e) aus dem Buch
- A null e; a nall e; slàinte (Dolch des Feuers, Dolch der Macht, dessen Atem Leben schenkt)
- Fac et spera (Handle und Hoffe)
Diese Rezension bewerteten 6 positiv und 6 negativ. (9922 Leser bisher.)
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