Dr. Faustus
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Kurz & Knapp
- Moralisch zwiespältiger als deutsche Version
John Faust hat studiert, doch dies reicht ihm nicht. Er will ganz einfach mehr und so ruft er zwei Magier zu sich, die ihn kurzerhand in ihre Kunst einweihen. Wenig später steht Mephisto in Fausts Zimmer und der Doktor bietet ihm einen Pakt an: Vierundzwanzig Jahre soll Mephisto ihm jeden Wunsch auf Erden erfüllen, dann wird Faust ihm gehören. Nach kurzer Beratung mit seinem Fürsten Lucifer stimmt Mephisto zu und Faust unterzeichnet einen Vertrag mit seinem eigenen Blut und schwört Gott ab.
In der Folgezeit redet ihm ein Guter Engel immer wieder zu, doch gefällt Faustus seine Macht, auch wenn er sich bisweilen fragt, was Mephisto ihm neues gab. In jedem Fall bleibt der Himmel verloren, denn Faustus wird niemals bereuen...
A-text und B-text
Marlowes Doctor Faustus kommt in 2 Varianten daher: A-text und B-text, der letztere länger und von mehr Aktion auf Seiten der Hölle geprägt. Ist einer der Texte vorzuziehen? Jein. Ich persönlich bin der Meinung, dass der A-Text authentische rund besser ist. Jedoch ist heute nicht nachzuvollziehen, wer welche Änderungen vornahm.
Der B-Text scheint mir persönlich eine moralische Korrektur zu sein, die "Fehldeutungen" ausschließt.
Neidischer Himmel
Denn der A-Faustus ist keineswegs einfach nur der irregeleitete Gelehrte, der sich mit Dunklen Künsten einlässt und untergeht. Der Himmel selbst war neidisch und hat Faustus' Untergang beschlossen, so der Text selbst.
Dies eröffnet ganz neue Deutungen - und selbst im B-Text wird dem zuletzt Verstorbenen ein christliches Begräbnis angediehen. Gott selber rückt im Licht des A-Textes deutlich näher an den konventionellen Gegensatz Hölle heran: Er ist neidisch, eine der Todsünden, denen Faustus begegnet. In diesem Licht mag es dann tatsächlich keinerlei Bedeutung haben, ob Faustus in Himmel oder Hölle endet.
Was macht den Himmel gut?
Es wäre höchst interessant, die Reaktion eines Lesers zu sehen, der keinerlei christliche Vorprägung erfahren hat: diese allein ist es, die zum Himmel drängt, denn der Gute Engel bietet nichts als Erlösung, Mephisto bietet Macht - die nur in kindischen Streichen endet - und sagt selbst, das Hölle kein anderer Ort ist sonder dort, wo er sich aufhält.
Viel Stoff zum Nachdenken - und meiner Meinung nach besserer als Goethes Faust. Aber das ist Geschmackssache.
Text
Als Klassiker ist Faustus auch im Project Gutenberg zu finden. Wer sich zum Lesen entschließt, dem sei in jedem Fall angeraten, keinen zusammengeführten Text zu benutzen, sondern klar als A- und/oder B-Text getrennte und gekennzeichnete. Ich empfehle den A-Text oder in der Tat beide: Sie erschaffen absolut unterschiedliche Effekt. Das Project Gutenberg bietet beide (auf Englisch):
- A-text (1604): http://www.gutenberg.org/ebooks/779
- B-text (1616): http://www.gutenberg.org/ebooks/811
Ich las die Ausgabe der Oxord World's Classics ("Doctor Faustus and other Plays") ISBN 0-192-83445-2. Ich empfehle natürlich eine englische Ausgabe; aber eine mit Fußnoten, die ich persönlich angenehmer finde: die Penguin Classics Reihe. Im deutschen ist die Ausgabe des Reclam-Verlags kostengünstig und solide.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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