Buch-Cover, Walter Moers: Der Schrecksenmeister

Der Schrecksenmeister

Serie: Zamonien (#5)
Illustrator: Walter Moers
Genre: Phantastik
Verlag: Piper
Seiten: 393
Erschienen: 09/2007 (Original: 2007)
ISBN: 978-3-492-04937-5
Preis: 22,90 Euro (Hardcover)
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Wertung: 3/5 Grimoires; 7/10 Punkte, Gut

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Nachdem sein Frauchen gestorben ist, streunt das Krätzchen (so ähnlich wie ein Kätzchen) durch die Straßen von Sledwaya, der krankesten Stadt Zamoniens. Wie die Bewohner fehlt auch Echo sich schlecht, aber nicht vor Krankheit sondern vor Hunger, denn derzeit ist niemand da, der ihn füttert. Dieser Hunger treibt ihn schließlich zu einem Vertrag mit Eißpin, dem gefürchteten Schrecksenmeister der Stadt: Eißpin soll Echo einen Monat lang, bis zum nächsten Schrecksenmond, mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnen. Im Gegenzug schneidet er Echo dann die Kehle durch und erhält dessen Fett für seine alchemistischen Experimente.

Nachdem der erste Hunger vergangen ist, macht sich auch schnell Sorge breit. Eigentlich hat Echo keine große Lust am Sterben. Also beginnt er, nach einer Lösung zu suchen, unterstützt von seinem neu gefundenen Freund Fjodor F. Fjodor, dem Eulerich. Zudem scheint Eißpin schließlich nicht so gnadenlos zu sein, wie man annimmt: er hat viele Talente und kann geradezu erstaunlich guter Gastgeber sein. Doch seine Experimente, sein Lebenswerk...die gehen ihm über alles und erfordern Kratzenfett.

Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.

Wer jemals Klassiker las, namentlich eine Novelle (bzw. ein Märchen) namens "Spiegel, das Kätzchen" von Gottfried Keller, dem wird die Geschichte relativ bekannt vorkommen. Jener Gottfried Keller taucht anagrammatisch (d.h.: mit verdrehten Buchstaben) als Gofid Letterkerl auf - einigen schon aus "Die Stadt der Träumenden Bücher" bekannt, welcher der vorgebliche Autor von "Echo, das Krätzchen" ist und die Basis für Moers' "Übersetzung" bildet. Auch Sledwaya dreht den Schauplatz durch die Anagramm-Mühle "Spiegels" zusammen; Eißpin wird sogar einmal aus Versehen als Pineiß (wie in Kellers Werk) gedruckt. Selbst Echos Name lässt sich direkt zurückführen, denn was ist ein Echo anderes als ein akustischer Spiegel?

Hört man dies, so mag man sich fragen, wozu man dieses Buch lesen soll, wozu es geschrieben wurde - immerhin gab es dies doch schon und viel kürzer. Dies ist genau der springende Punkt: Moers' Nacherzählung lebt nicht von einer stringenten und rasanten Handlung sondern von der vielfältigen Ausschmückung in der Welt Zamoniens. Es werden Geschichten eingeflochten, Zamonische Begebenheiten in Subplots ausgebaut, Atmosphäre vermittelt und wieder auf weitere zamonische Skurrilitäten verwiesen - teilweise auch aus den vorigen Romanen. Das Handlungstempo des Romans ist dementsprechend gemächlich. Die 383 (übergroßen!) Seiten im Kontrast zu den etwa 63 Seiten (Reclam) sind jedoch nicht nur mit Text gefüllt: Moers' eigene Illustrationen zieren die gesamte Handlung. Da diese des Autors eigene Kreationen sind, ergänzen sie die Geschichte außerordentlich gut: man merkt deutlich, dass keine groben Anweisungen an Künstler gegeben wurden, wie es selten aber leider doch geschieht. Die Bilder sind allesamt in schwarz-weiß gehalten, was ich Farben gegenüber vorziehe: es reiht sich besser in den Textfluss; es lenkt nicht von den Buchstaben ab.

Doch das Buch hat auch negative Seiten - oder sollte ich mit Respekt zu Sledwaya sagen: doch auch dieses Buch kränkelt? Moers konnte es sich nicht verkneifen auf "das Wunder der Liebe" zu sprechen zu kommen. Nach "Rumo" konnte mir dies leider nur ein Stöhnen entringen. Es gab nicht einmal Handlungsrelevanz - und eben auch keine Zamonische Skurrilität, welche diese ausgleichen könnte. Ebenso könnte der Roman stellenweise durchaus ein wenig mehr Tempo und weniger Beschreibung vertragen. In den Vorgängern wurde dieses Tempo oftmals durch grandiose Komik wettgemacht. Dieser fehlt hier aber ebenso wie, bis auf den Schluss, schneller ablaufende Szenen. Zusammen lässt dies den Schrecksenmeister einige Längen haben, insbesondere im Kontrast zu den Vorgängern

Alles in allem bleibt "Der Schrecksenmeister" aber ein Roman für alle, die das seltsame Zamonien kennen und schätzen: die Seltsamkeit setzt sich fort, logisch, gut und meistens interessant, wenn auch nicht ganz so humorvoll. Zamonien muss man nicht bereits kennen. Der Schrecksenmeister ist eine eigenständige Geschichte, die einen Stil "so sperrig wie ein Kleiderschrank" (so der fiktive Mythenmetz-Autor im Nachwort) in eine moderne Fassung gebracht hat. Über die Sperrigkeit Kellers spreche ich hier nicht und über die moderne Aufarbeitung klassischer Texte mag man durchaus streiten. So man diese akzeptiert bietet „Der Schrecksenmeister“ immer noch gute Unterhaltung, wenn auch leider nicht so gut wie die Stadt der Träumenden Bücher – aber ganz ehrlich: kann man mit dem Abwenden von einem solchen Schauplatz Bibliomanen überzeugen?

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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