Buch-Cover, Roseanne A. Brown: A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia

A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia

Originaltitel: A Song of Wraiths and Ruin [AME]
Serie: Das Reich von Sonande (#1)
Übersetzer: Diana Bürgel
Genre: Fantasy
Verlag: Knaur
Seiten: 512
Erschienen: 04/2022 (Original: 2020)
ISBN: 978-3-426-52814-3
Preis: 16,99 Euro (Softcover)
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Wertung: 3/5 Grimoires; 7/10 Punkte, Gut

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Kurz & Knapp

  • Mühsamer Anfang
  • Afrika-Feeling kommt zu Beginn nicht recht auf
  • Interessante Ausgangssituation

Alle fünfzig Jahre findet im Königreich Sonande das Solstasia-Turnier statt. Hier entscheiden die Champions der Götter, unter welchen Vorzeichen die nächsten Jahrzehnte stehen. Doch für Karina geht es um weit mehr: Unwillig zur Herrscherin geworden braucht sie das Herz eines Königs, um ihre Mutter wiederzubeleben. Also macht sie ihre Hand zum Preis des Turniers. Zur gleichen Zeit kommt Malik als Flüchtling in die Hauptstadt Ziran und hofft, mit seinen Schwestern ein neues Leben zu beginnen. Doch ein mächtiger Geist entführt seine kleine Schwester und zwingt Malik einen Pakt auf: Er soll Königin Karina töten. Dazu sieht er nur eine Chance: Er muss das Turnier von Solstasia gewinnen.

Das Buch erhält 6-7 von 10 Punkten.

A Song of Wraiths and Ruin. Die Spiele von Solstasia verspricht afrikanisches Flair. Das stimmte für mich nur bedingt: Es ist da, wurde aber durch typische High Fantasy überlagert. Gleichzeitig war einiges zu Beginn derart fremd, dass ich es ignorierte. In der zweiten Hälfte schließlich bekommt diese Geschichte dann auch mehr Tempo und etwas Eigenes.

Der Titel klingt doch bekannt ...?

Bei einem Buch fallen Titel und Cover mit als Erstes ins Auge. Das farbige Cover und der Buchschnitt sind sicher ein Hingucker. Die Titel könnten aber irreleiten:

A Song of Wraiths and Ruin (so auch der Originaltitel) könnte man übersetzen mit Ein Lied von Geistern und Verderben. Das erinnert an eine gewisse andere Fantasysaga, das im Deutschen hinzugefügte Die Spiele von Solstasia an eine andere Reihe (Die Tribute von Panem). Auch wenn beide nachvollziehbar sind, frage ich mich, was zu diesem Titel bewog - und zugegeben hatten auch frühere Fantasyromane ähnliche Titel. Mit den beiden Reihen hat diese jedenfalls nichts gemeinsam.

Langsamer Anfang

Die Spiele von Solstasia beginnt eher langsam. Tatsächlich fand ich den Einstieg mühsam und kam erst nach und nach ins längere Lesen. Das liegt an mehreren Dingen.

Einerseits sind da die zwei Perspektiven des Romans, jene von Malik und jene von Karina. Sie führen zu mehr Spannung durch Cliffhanger; aber es wechselt eben auch genau dann, wenn es spannend wird zu einer anderen Figur und die vorherige ist erst einmal egal, bis sich das Ganze umdreht. Diese Sprünge störten mitunter - ich wollte DIESE Geschichte jetzt weiterlesen.

Hinzu kommt, dass der Roman ein wenig Zeit benötigt, bis er auf jenem Wissensstand ist, den der Rückentext bereits vermittelt - was aber weniger ausmacht, als man befürchten könnte.

Noch entscheidender ist das angepriesene Feeling afrikanischer Mythen: Es ist nicht so recht da und mir gleichzeitig im Weg. Denn manche Begriffe wie eine Griotte (Geschichtenerzählerin) kann ich mir einfach erschließen. Andere hingegen, wie ein Chipekwe, sagten mir gar nichts. Wenn ich Google bemühen muss, ist das selten ein gutes Zeichen. Hier führte es dazu, dass ich das, was eigentlich zum Afrikanischen beitragen sollte, weitgehend ignorierte, aber später mehr.

Gegenseitiger Mordplan

Strukturell fällt vor allem die erwähnte Zweiteilung auf: Ein Mann und eine Frau leihen abwechselnd (und jedem Kapitel vorangestellt) ihre Perspektive. Oder vielmehr ein Junge und ein Mädchen, denn beide müssen ihren Platz erst noch finden. Dass sich eine Romanze andeutet, überrascht kaum und tatsächlich treffen die beiden nach einiger Zeit aufeinander und fühlen sich einander auch direkt verbunden. So weit, so klischeehaft.

Weiter im Klischee ginge es nun damit, dass diese Liebe irgendwie verboten ist. Das ist nicht der Fall - stattdessen wollen die beiden einander umbringen. Das hat in diesem Fall nichts Persönliches. Vielmehr sind es ganz andere Dinge, die den Tod des anderen notwendig machen. Das fand ich neu und interessant.

Natürlich ist keiner der beiden Morde einfach so erledigt. Neben alter Magie und unerwarteter Sympathie spielt Roseanna A. Brown dabei auch mit den unterschiedlichen Lebenssituationen ihrer Hauptfiguren.

Gegensätzliche Hauptfiguren

Denn die Figuren sind an unterschiedlichen Enden der sozialen Skala. Karina ist die letzte der Familie Alahari und seit dem Tod ihrer Schwester vor einigen Jahren die designierte Thronfolgerin. Malik hingegen kommt mit seinen Schwestern als Flüchtling nach Ziran und muss seine Herkunft verbergen - sein Volk ist nicht willkommen.

Dennoch haben sie Gemeinsamkeiten, denn nach und nach zeigt sich, dass sie beide in ihrer Vergangenheit etwas verdrängten. Schade ist, dass sowohl Karinas Migräneanfälle als auch Maliks Angststörungen letztlich auf eine typische Fantasy-Ursache zurückgeführt werden. Beide kamen mit Magie in Berührung, die aus verschiedenen Gründen und nicht eben sanft verdrängt wurde. Die Ereignisse im Leben der beiden hätten auch ganz mundan eine gute Erklärung geboten. Zudem passt die Flüchtlingsthematik durchaus zum Afrika-Setting und das auch innerhalb des Kontinents oder des Fantasy-Gegenparts. Für mich sind das verpasste Gelegenheiten.

Charaktere: Distanziert

Außerdem habe ich im Hinblick auf die Identifikation mit den Figuren einige Probleme. Die Spiele, der Komet, der Kampf um die Macht in Ziran sind eher Hintergrund. In gewissem Sinn sind die Figuren klassisch:

  • Karina ist die Herrscherin wider Willen, die seit ihrer Kindheit am Hof lebt und sich zähneknirschend durchbeißt. Sie gilt als nicht sonderlich geeignet und will den Thron eigentlich gar nicht - nimmt es aber als ihre Pflicht, für ihr Volk da zu sein.
  • Malik hingegen ist der Underdog. Er wirkt weinerlich, zögerlich und nicht allzu clever. Auch wirkt er viel jünger und unentwickelter als er wohl sein soll und involviert sich emotional sehr schnell und stark - was ihn in Schwierigkeiten bringt.

In vielen Geschichten ist mir die Bindung an eine Figur gar nicht so wichtig. Hier wiegt dies schwerer, da ihr persönliches Schicksal der Kern der Erzählung ist. Solstasia, das Reich Sonande, die Magie und die Gegebenheiten sind mehr Hintergrund und werden in vieler Hinsicht nur angerissen.

Dies geschieht zudem durch die Entdeckungen, die Karina und Malik machen: dass es nicht nur um die Macht der Alaharis geht, sondern dass nur sie tun können, was für Zirans Fortbestand notwendig ist; dass Malik sich einige Dinge keineswegs einbildete. Beide haben zudem eine enge Verbindung zum untergegangenen Kennouanischen Reich, das in den Pharaonenkriegen gegen Sonande unterlag. Aber durch nichts in den Figuren fühlte ich mich ihnen irgendwie nah.

High Fantasy - teils ungreifbar

Eben klang es schon an: Sonande ist in mancher Hinsicht typische High Fantasy. Im Hintergrund steht mächtige, uralte Magie. Und diesen Hintergrund erahnt man nur. Denn nicht nur die Loyalitäten und Verbundenheiten zwischen Völkern bleiben unklar, auch die gesamte Welt bleibt ungreifbar. Die Intrigen und Machtkämpfe im Kronrat sind einfach da. Ja, es gibt das reiche Ziran in der Wüste und es gibt Flüchtlinge und ein einst untergegangenes Reich, das (auch) durch Magie herrschte. Im Zentrum steht schon ab Rückentext ein Ritual zur Wiedererweckung (mal ehrlich - wann ging das jemals gut?) und schon auf den ersten Seiten mischen sich übernatürliche Mächte ein, die man erst später genauer einordnen kann. Es wird einiges angedeutet, aber insgesamt blieb mir die Welt ungreifbar.

Dabei hätte es einige Möglichkeiten gegeben, auch mit konkretem Realbezug. Die Flüchtlingsthematik, beispielsweise, ist interessant und in der Fantasy selten thematisiert. Durch die Hauptfiguren scheint vieles miteinander verkettet aber dennoch ungreifbar. Dies wird gegen Ende des Romans besser, aber gerade viele Nebenfiguren werden nun nur in Position für Zukünftiges gebracht und füllen meist sehr vorhersehbare Standardrollen.

Ein Hauch von Afrika

Was macht den Reiz des Buchs aus? Oder genauer: Warum nahm ich mir diesen Roman vor? Mich sprach vor allem der Verweis auf afrikanische Mythologie an. Und hier ziehe ich ein äußerst zwiegespaltenes Fazit.

Denn nach einigen Dutzend Seiten bemerkte ich überrascht, dass ich mir die Figuren kaum bildlich vorstellte. Ihre Hautfarbe muss ja dunkel oder schwarz sein, immerhin sind dies Wüstenvölker vieler Generationen. Aber es spielt selten eine Rolle - lange hätte dies beinahe ein europäisches Setting sein können. Hier ist dann wieder die Verbindung zur eher blassen Welt: Hätte ich dieser genauer vor Augen gehabt, hätte ich Lücken vermutlich anders gefüllt.

Aber eben nur beinahe, denn es gibt es einige afrikanische Elemente. Früh tritt eine Griotte auf (eine Geschichtenerzählerin), die mehr ist als sie scheint - das ist für jeden Leser offensichtlich. Auch einige Tiere sowie die Geister und ihre Welt, die höhere Bedeutung von Familie sowie Wakama als Kampfsportart tragen zum Setting bei, entwickelten sich für mich aber überraschend spät. Der Begriff "Magier" fällt gar nicht, auch wenn Rituale und Geister, insbesondere der Obosom, dem Malik sich verpflichten muss, eine wichtige Rolle spielen. Rückblickend war das etwas wenig - und gleichzeitig hätte ich mir für einiges ein Glossar oder eine Fußnote gewünscht. Denn paradoxerweise konnte ich mit einigen Begriffen eben gar nichts anfangen und blendete sie daher komplett aus.

Was in A Song of Wraiths and Ruinbleibt, ist ein Hauch Exotik und fremde Kultur. Aber eben nur ein Hauch. In vieler anderer Hinsicht wirkt es sehr typisch und bekannt.

Dennoch finde ich gerade die ungewöhnliche Konfliktsituation zwischen den beiden Hauptfiguren interessant, bin im Hinblick auf afrikanische Mythen aber enttäuscht und hätte mehr erwartet. Statt Afrika-Mythen ist dies mehr Coming of Age-Probleme in afrikanischem Fantasy-Setting.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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