Buch-Cover, Christian Handel: Schattengold – Ach, wie gut, dass niemand weiß ...

Schattengold – Ach, wie gut, dass niemand weiß ...

Genre: Fairytale Fantasy
Verlag: Piper
Seiten: 400
Erschienen: 12/2022 (Original: 2022)
ISBN: 978-3-492-70637-7
Preis: 20,00 Euro (Hardcover)
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Wertung: 3/5 Grimoires; 7/10 Punkte, Gut

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Kurz & Knapp

  • Ungleiches Tempo
  • Insgesamt Gelungene Fantasy-Umsetzung

Farah ist „Gast“ im Schloss von Firnland. Denn sie hat mit Feengold bezahlt, das plötzlich zu Laub wurde. Das ist kein kleines Problem: Das betreten des Firnwalds und Kontakt mit dem Feenvolk ist verboten. In ihrer Not behauptet Farah, sie hätte eine Gabe, könne Stroh zu Gold spinnen. Darauf geht die Königin allzu gern ein. Doch nun muss Farah sich wirklich an die Feenwesen finden. Ein Spinnenmann steht ihr bei – doch ein Handel mit Feen hat eigene Regeln und ist aus gutem Grund verboten …

Das Buch erhält 7-8 von 10 Punkten.

Stroh zu Gold ... wohl jeder hierzulande wird sofort an Rumpelstilzchen denken. Spätestens, wenn er oder sie das Ach wie gut dass niemand weiß auf dem Cover sieht. Und das ist auch richtig, denn mit Schattengold gießt Christian Handel das Märchen in ein Fantasy-Gewand. Es dauert ein Stück, bis man bekannte Pfade erkennt und stockt für mich am Anfang leicht. Am Ende steht aber ein durchaus gelungenes Werk – allerdings mit ungleichem Tempo.

Märchenadaption mit stockendem Anfang

Märchenadaptionen sind nicht neu. Als Fairytale Fantasy bilden sie sogar eine eigene Untergattung. Christian Handel entfernt sich spürbar vom Märchen – was auch daran liegen dürfte, dass die Märchenvorlage sehr, sehr kurz ist. Um den Kern herum schafft er eine nicht sonderlich tief ausgestaltet Standard-Fantasywelt.

Das "Original"-Märchen der Grimms findet man zum Beispiel auf Wikisource, einem Online-Projekt zur Sammlung von Quellen und Editionen: Rumpelstilzchen in Wikisource
Gerade den Anfang fand ich etwas stockend. Denn hier trifft man zwar auf Müller und Müllerstochter und bald auch auf einen Spinnenmann, den man sofort mit Rumpelstilzchen assoziiert. Gleichzeitig gibt es aber zunächst wenig, was von sich auf den Titel gedeutet hätte.

Wesentliche Änderungen gegenüber dem Märchen sind die Motivationen und Hintergründe der Figuren. Der Autor erklärt gewissermaßen, wie es zu der Märchensituation kam. Dazu erschafft er auch ein Fantasy-Reich, gestaltet das jedoch kaum tiefer aus. Stattdessen bleibt er bei Farah als zentraler Figur und im mittleren Teil auch stark an der Vorlage. Das ist auch der Zeitpunkt, an dem der Roman Fahrt aufnimmt.

Fantasy-Aspekte: Feen und Motivationen

Dieser Roman ist nicht im Märchen-Stil geschrieben, sondern wie ein moderner Roman. Natürlich ist schon durch den verlängerten Titel Ach wie gut dass niemand weiß klar, woher die Geschichte stammt und worum sie in zentralen Punkten kreisen wird. Zusätzlich bringt der Autor typische Fantasy-Elemente ein: Das Feenvolk, Menschenentführungen einen verbotenen Wald, wirtschaftliche Probleme im Königreich.

Dem schließt sich später auch das Betreten der Anderswelt (Feenwelt) an. Gelungen finde ich hierbei, dass sich vieles vom Ende bereits früh andeutet und die Feen ihren Ursprung (wie das Märchen) im Volksglauben haben – das ist rund, passt.

Geheimnisse

Viele Märchen haben eine explizite Moral; Rumpelstilzchen hatte keine. Der Roman geht wiederum kennt eine: Geheimnisse sind der Auslöser für alle Probleme. Nicht nur Geheimnisse von Farah, sondern auch von ihrer Familie und anderen. Gerade Farahs Bruder beschwert sich, dass er unwissend gehalten wird – aber er wirkt auf mich wie ein unnützer Jammerer. Insgesamt finde ich diese ziemlich schwach: Viele Geheimnisse haben einen guten Grund.

Teil der Geheimnisse ist auch die Erklärung wo das Goldspinnen herkommt und was es letztlich ist: eine Gabe, verbotene Hexerei – oder eine dreiste Lüge. Jene letzte Option ist der Fall und nur der Pakt mit einem Feenwesen bleibt als Ausweg. (Übrigens gibt es auch für die Forderung der Königin einen nachvollziehbaren Grund!) Hier sind wir dann auch in der bekannten Märchenhandlung, um die herum weitere Fantasy-Aspekte geflochten werden. Dabei sollte man keinen umfassenden Weltenbau erwarten – es bleiben Grundzüge.

Nicht wirklich sympathische Hauptfigur

Sehr prägend für den gesamten Ton ist der Wechsel vom Märchen-Erzähler hin zur Ich-Erzählerin Farah. Ihre Sicht ist es, die der Leser teilt. Und leider wurde ich mit Farah nie ganz warm.

Das liegt mitunter daran, dass sie einige Probleme mitverursacht. Sie hat durchaus gute Absichten, macht einiges aber unnötig schwer und kompliziert. In diesem Sinn hat die erwähnte Moral durchaus Recht. Aber gar keine Geheimnisse, gar nichts verschweigen? Das ist quasi unmöglich. Ich konnte darüber hinaus keinen Bezug zur Hauptfigur aufbauen. Zwar zeigt sie eine dezente Entwicklung, aber vieles wird geradezu inflationär am Schluss enthüllt und entschieden und ich fühle kaum mit.

Die Nebenfiguren bleiben Typen, die man fast sofort in die richtige Schablone einordnet. Den Bruder erwähnte ich schon – er nervte mich einfach nur. Die anderen Figuren gehen stark Richtung Archetyp des Märchens, weniger wie eigenständige Charaktere. Das gilt auch für einige tierische Helfer. Man hätte auf sie verzichten können – aber Tiere, die Übernatürliches spüren, passen hier durchaus. Vielleicht ist es aber ein wenig zu viel an Figuren und zu wenig Tiefe - wobei es nicht exakt das Schabolnenhafte des Märchens bleibt.

Ungleiche Geschwindigkeit

Kritisch sehe ich hingegen die Geschwindigkeit: Sie ist ungleich. Bis die Handlung auf bekannte Pfade gelangt, dauert es ein Stück. Am Ende überschlagen sich die Ereignisse hingegen. Mit vielen Enthüllungen wurde es geradezu hektisch und vieles wurde in einem Satz abgehakt.

Die Auflösungen machen dabei Sinn. Aber ich vermisste ein Gefühl wirklicher Verbindung zu der Handlung (ähnlich wie ich auch keine rechte Verbindung zur Hauptfigur fand). Vieles, das am Ende offenbar wird, geschah vor langer Zeit und hatte Auswirkung. Es gibt gute Erklärungen – aber es geschah eben vor langer Zeit, ist Vergangenheit. Dies sind genau die Dinge, die dem Märchen hinzugefügt wurden, gewissermaßen die Fantasy-Erklärungen für die Ereignisse.

Dabei gefallen mit einige Adaptionen: den Namen, das Versinken im Boden. Aber die Auflösung um den Spinnenmann und Hintergründe wirkte wie ein großer Infodump bei dem alles schell zu Ende gebracht wird und die maßgeblichen Ereignisse schon lange vergangen sind.

Gelungene Stimmung

Hervorheben möchte ich bei allem Gemäkel aber noch die Stimmung: Das Setting ist schön düster. Besonders gefährlich wird es in den Neumondnächten in denen Feenwesen des dunklen Volks umgehen. Das ist mehr Hintergrund – aber auch Farahs Notlage mit den Fae als Rettung spürt man. Farah selbst ist keine typische Heldin; vielmehr arbeitet sie sich von einer Notlage in die nächste.

Diese Stimmung endet auch nicht mit dem märchenhaften Und wenn sie nicht gestorben sind… Zwar gibt es noch die (sehr schnelle) Romanze zwischen Farah und dem Kronprinz, aber das Ende bittersüß. Es gibt positive Aussichten aber auch offene Fragen: Wie geht es weiter zwischen Menschen und Fae? Und was wird aus dem Spinnenmann, der sich nicht einfach nur als böser Gegenspieler entpuppt. Vielleicht ist die zweite Moral hier: Manche Entscheidungen lassen sich nicht ändern - mit ihnen muss man leben.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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