616 - Die Hölle ist überall
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Jesuitenpater Abert Cloister reist im Auftrag des Vatikans um die Welt. Als Agent der "Wölfe Gottes" untersucht er dabei unerklärliche Vorgänge. Auf seinen Reisen trifft er schließlich auf die Therapeutin Audrey Barret und den geistig verwirrten Daniel: zu ihnen führte eine Spur, die ich durch viele Fälle zog. "Die Hölle ist überall", so lauten die Worte einiger Menschen mit Nahtoderfahrung - sowie eines Papstes und die Kratzspuren im Inneren eines Sarges. Cloister ist fest entschlossen, die Wahrheit zu finden und miss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass der Teufel selbst in die Welt eingreift...
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
Wie man bei dem Titel erwarten kann kommt mit diesem Buch einiges an biblischer Symbolik einher. Die 616 mag zunächst verwirren, gilt populär doch eher die 666 als Zahl des Teufels. (Diese wurde jedoch erst durch die Christen zur Zeit Neros umgedeutet weil sie exzellent of Neron Kesar passte, gemäß der hebräischen Numerologie.) Anspielungen auf Teile der Bibel finden sich ebenfalls und werden in einem 9-seitigen Anhang zusammen mit realen Orten und Darstellung der realen Sachverhalte und Grundlagen geklärt. Tiefes Bibelwissen ist auf keinen Fall erforderlich, jedoch werden auch nicht alle Verbindungen zu „dem Buch“ extra hervorgehoben. Betonen sollte man explizit noch einmal die Recherche der Autoren - beide Wissenschaftsjournalisten: die Fakten sind stimmig und stimmen - gelegentlich zugunsten der Dramaturgie verändert und im Anhang vermerkt. Das heißt natürlich trotzdem, dass dies ein Roman ist, keine Bestandsaufnahme erwiesener Fakten.
"616" bezeichnet sich selbst als "Mysterythriller" und dies passt vollkommen.
Das Mystery-Element wird gleich zu Beginn mit der Exhumierung eine potentiellen Heiligen und der Aufdeckung der Sarginschrift offenbar und zieht sich schnell in die Präsenz eines unheimlichen Wesens hinter dem Licht am Ende des Lebens hinein. Die Identität dieses Wesens ist nie wirklich explizit geklärt, doch aufgrund des Titels ist die Lückenfüllung eindeutig vorherbestimmt. Kann man diesem Wesen trauen, wenn es schließlich selbst seine Identität angibt? Nun gut, geheimnisvoll ist sie nicht wirklich, nur eben unglaublich. Sie bleibt immer ungreifbar und ihre Motive scheinen undurchsichtig. Menschenleben gelten nichts und werden schon einmal zum Beweis ausgelöscht; die pure Bosheit wird oft genug betont - aber es scheint mehr dahinter zu stecken als pure Vernichtung – genauer betrachtet führen die Handlungen des Bösen auch sehr direkt zu etwas Gutem – und dieses Geheimnis sucht Albert Cloister zu ergründen.
Der Pater stürzt sich dabei in eine detektivische Handlung und hat schier unglaubliche Ressourcen zur Verfügung, die ihm aber alle nicht vollends weiter helfen. Bei nüchterner Betrachtung müsste man vielleicht sogar von einer Verschwörung des Vatikans sprechen, aber das fällt ebensowenig auf wie die Ressourcen: der Roman ist einfach unheimlich packend. Eine gute Prise Horror und Schrecken würzt die Handlung: Ist die Hölle jetzt wirklich überall? Ist unsere Welt in Wirklichkeit die Hölle? Wohin soll die Handlung führen? Wenngleich es unmöglich ist, wirklich aktiv mitzurätseln - ausgenommen die Handlung um die Therapeutin und ihren verschollenen Sohn - so ziehen die Nachforschungen doch in den Bann. Und dann ist da noch der Prolog mit einem Mann namens Judas Ischariot, aus dem Sinn gemacht werden muss. Bemerkenswert ist dabei der fast vollständige Mangel an Action. Der Pater hangelt sich langsam von Hinweis zu Hinweis; Verfolgungsjagden gibt es nicht, keine Anschläge auf sein Leben von Satanisten oder gar dem Leibhaftigen selbst. Allein: er braucht auch gar keine Action, denn die Nachforschungen ziehen den Leser ausreichend in den Bann und an (detektivischer) Handlung mangelt es auf keinen Fall.
Mängel zu finden ist schwer wenn man sich erst einmal eingelesen hat. Der Beginn ist jedoch etwas mühselig: der Prolog scheint nicht zum Rest gehörig. Zu Beginn der Haupthandlung gibt es dann einmal eine Zeitangabe "fünf Jahre später" ohne dass klar ist, wann die weiteren Abschnitte spielen. (Sie spielen mehr oder weniger chronologisch.) Dies verwirrte mich zu Anfang leicht, da ich nach einem einmaligen Zeitpunkt nach weiteren suchte, die mit Ausnahme einer noch verwirrenderen Angabe ausbleiben ("zwei Jahre zuvor" - vor was? vor 0? Oder vor den fünf Jahren später? Und wann war jetzt der Rest?). Nach gut hundert Seiten sind die Rückblenden jedoch passé und es geht problemlos voran. Aber auch das Ende mag einem halbsauer aufstoßen, wie einigen die Bibel-Mystery (ganz klar auch im Fahrwasser Dan Browns) wohl generell aufstoßen wird. Eine generelle Klischeehaftigkeit könnte man dem Roman vorwerfen - aber auf das Innenleben der Charaktere wird durchgehend nicht eingegangen: dies ist eindeutig kein psychologischer Roman/Thriller und er gibt sich auch nicht als solcher aus. Wirklich einmalig und neu ist nichts, doch mit Spannung erzählt.
Wie das Ganze endet? Nachlesen! Erstklassige Kost für Fans von schnelle, fesselnde Mystery mit stark religiösem Touch. Lediglich Liebhaber von Action kommen zu kurz - jene, denen Bibel-Mystery Plots bereits zum Hals heraushängen sollten klugerweise bereits beim Titel Abstand nehmen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
Leseprobe
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