Das Erbe des Greifen
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Die direkte Bedrohung durch die Regimenter Thyrmantors ist vorerst gebannt. Dennoch kommt das kleine Dorf Lytara nicht zur Ruhe: Belior sucht die Krone des alten Lytar. Diese soll irgendwo in den nahen Ruinen verborgen sein - und eine einzelne Niederlage hält Belior nicht auf. Dies gilt umso mehr als die Kräfte ungleich verteilt sind: Auf Beliors Seite ein Imperium, auf Seiten Lytaras ein einzelnes Dorf, wenn auch mit alter Magie, die langsam wieder erwacht. Um jedoch in Lytar anzulanden muss Belior zunächst Berendall einnehmen, den Hafen der das Tor zu den Greifenlanden darstellt. Erneut sendet er Graf Lindor und dessen Drachen aus um sein Ziel zu erreichen. Die Stadt und der alte Graf scheinen Thyrmantor keinen ernsten Widerstand entgegensetzen zu können - oder zu wollen, denn seit Jahren gehen die Soldaten Thyrmantors in Berendall ein und aus, zahlen mit gutem Gold. Doch die Stimmung ändert sich, als die Priester des dunklen Gottes Darkoth die Bewohner terrorisiere und das alte Greifenbanner wieder weht.
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
"Das Erbe des Greifen" ist der zweite Teil der Trilogie um die Krone Lytars, deren ersten Teil ich nicht gelesen habe. Der Autor verzichtet bewusst auf eine Zusammenfassung der Geschehnisse und meint, man könne alles Nötige auch aus der weiteren Handlung erschließen. Damit hat er prinzipiell auch recht: Neue Leser erkennen zwar, dass etwas vorher geschehen war, da die Handlung direkt aus den Vorereignissen weiterläuft, können die verschiedenen Handlungsstränge aber an genau dieser Stelle aufnehmen. Die Charaktere werden dabei sehr schnell erkannt, denn es sind die üblichen Archetypen der Fantasy mit leichten Modifikationen. Zunächst macht die Vielzahl der Namen gekoppelt mit vielen schnellen Schauplatzwechseln am Anfang jedoch Schwierigkeiten beim Hineinfinden. Nach dieser ersten Phase nehmen die Figuren jedoch auch eigene Züge an, die sich subtil von anderen unterscheiden: "Richtige" Zauberer mit großer magischer Macht gibt es bei deWitt nicht und dennoch ist die Magie überall, sei es durch die Götter oder durch die Artefakte des "Artificiers" Knorre oder gar in Gestalt der Überlebenden aus dem alten Reich Lytar. Dennoch ist diese Ressource deutlich knapper bemessen als in mancher "High Fantasy". Vielmehr als gebündelte Macht schwelgt eine unterschwellige Begabung in vielen Figuren, die sich auf andere und meist eher sachte, passive Weise äußert denn gestenbegleitete Feuerpfeile.
In Ermangelung der Kenntnisse des ersten Teils wirkt der zweite dennoch wie die "Ruhe vor dem Sturm": der erste Angriff ist abgewehrt, Lytara sammelt nun Verbündete und bereitet sich auf einen aussichtslos scheinenden Krieg vor. Was in mancher Trilogie in einem Spannungstief endet - hier eine Armee aufstellen, dort einen Verbündeten verpflichten, da noch eine Befestigung errichten - kann deWitt hier mit Spannung vermeiden. Ja, es gibt Probleme mit Ressourcen und natürlich müssen Verbündete abgeklappert werden. Einer der großen Handlungsstränge begleitet so eine Botschafterin zum Hafen, mündet aber direkt in den Beginn der "Rebellion" des Greifen während die Verbündeten eher en passent kontaktiert werden als umgekehrt - und die Reaktion bleibt so oder so bis zum nächsten Teil aus. Ein Teil der Spannung rührt auch durch den Aufbau her: Die Handlung ist in mehrere Stränge gesplittert, die wechselweise fortgeführt werden. Dabei beleuchtet deWitt vor allem die Bewohner Lytars aber auch den Grafen Lindor der hier nicht als Oberschurke agiert (auch wenn er von den Lytaranern so gesehen wird) sondern sich in einer allzu verständlichen Zwickmühle befindet: der Prinz, dem er Treue schwor, ist die Geisel des Kanzlers Belior; also muss Lindor Belior gehorchen - selbst gegen seinen Willen und alles, was er für ehrbar hält.
Das auffälligste Strukturmerkmal des Romans ist zwieschneidig: der Autor verwendet eine Rahmenhandlung. Hier wird durch einen Geschichtenerzähler die eigentliche Handlung des Romans wiedergegeben. Besonders zu Beginn ist die fortlaufende Unterbrechung der Handlung überaus nervig - für den Leser, weniger für die Zuhörerfiguren. Diese trägt auch dazu bei, den Störfaktor durch die übermäßigen Szenenwechsel zu Beginn noch weiter zu erhöhen. Beißt man sich allerdings durch die ersten Kapitel, so nimmt die Frequenz der Rahmenhandlungseinschübe deutlich ab und wird erträglich, ist letztlich zu einem gewissen Grad auch erfrischend. Immerhin erlauben Einschübe der Zuhörer dem 'Erzähler' auf Anfrage zu einem anderen Handlungsort zu wechseln und Szenenwechsel, die sonst bisweilen sehr abrupt wären, abzumildern. Diese Wechsel gelingen sehr gut: die Handlungsstränge sind in etwa gleich spannend, ein Durchbeißen durch den einen und eine Fokussierung auf den anderen bleibt aus. Zwar gibt es sicher privilegierte Stränge und 'nötige' – und auch einige, deren Bedeutung noch unklar ist oder die einfach nur (gelungene) Szenerie sind -, aber diese werden nicht lästig. Eher lästig oder vielmehr ärgerlich sind da schon eine nicht unbeträchtliche Anzahl an Ein-Buchstaben-Fehlern und gelegentlich auch vergessener Worte - aber es gab bereits Schlimmeres. Im Sachen Erzähltechnik sind allenfalls noch einzelne Stellen ein wenig holprig geschrieben, dies ändert aber nichts daran, dass "Das Erbe des Greifen" nach einigen Seiten Mühsal eine gute Lektüre ist, die zwar keine Innovation innerhalb des Genres mit sich bringt, aber dennoch ihren eigenen Stil und damit auch eine Berechtigung hat.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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