Buch-Cover, Sam Sykes: Sieben schwarze Klingen

Sieben schwarze Klingen

Originaltitel: Seven Blades in Black [AME]
Serie: Die Chroniken von Scar (#1)
Autor: Sam Sykes
Übersetzer: Wolfgang Thon
Genre: Dark Fantasy
Verlag: Piper
Seiten: 688
Erschienen: 09/2020 (Original: 2019)
ISBN: 978-3-492-70571-4
Preis: 18,00 Euro (Softcover)
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Wertung: 4/5 Grimoires; 8/10 Punkte, Gut bis sehr gut

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Kurz & Knapp

  • Enorm starke Atmosphäre
  • Interessante, langsam entdeckte Welt und Magie
  • Gewisse Längen, wenig Thrill durch Action

Die Scar ist ein verwüstetes Land inmitten verfeindeter Reiche. Hierin fliehen Magie, Vagabunden und Verbrecher. Unter ihnen ist auch Sal Kakophonie, die mit einer magischen Pistole Rache an den Magiern sucht, die ihr alles genommen haben, das ihr etwas bedeutet. Nun will sie auch ihnen alles nehmen: ihre Magie, ihre Namen, ihre Leben. Doch um ihre Feinde zu finden, muss Sal nicht nur die Scar überleben, sondern sowohl dem Imperium als auch der Revolution und anderen Parteien entgehen, die sie allzu gern tot sehen wollen.

Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.

Denke ich an Sieben Schwarze Klingen zurück, fallen mir zwei Wörter ein: düster und langsam. Wobei das nicht gleich langweilig ist - und doch brauchte ich für dieses Buch vergleichsweise lange. Das Düstere dieser Welt wirkt geradezu postapokalyptisch - und bleibt trotzdem Fantasy. Unübliche Fantasy - aber das gefiel mir.

Düstere Welt

Der Leser trifft die Hauptfigur, Sal Kakophonie, als Gefangene. Ihr Verhör dient als Rahmenhandlung, die Sals Erzählung nur gelegentlich unterbricht. So setzt auch Sal den Ton, und zwar früh. Sie beginnt mit ihrer Jagd - auf einen Opernsänger. Freilich kein gewöhnlicher Künstler, sondern ein Magier, der dem Imperium den Rücken kehrte, seinen Namen ablegte und zu einem Vagranten in der Scar wurde.

Schon auf dieser Kopfgeldjagd bemerkt man ungewöhnliche Dinge: Sal und ihr gehen betont höflich miteinander um, unterhalten sich. Denn sonst tut es niemand. Und dennoch ist der Kampf absolut tödlich, was beiden klar ist.

Sal ist dabei nicht die Retterin in einem düsteren Land, sondern durch und durch zynische Antiheldin, die Whisky trinkt wie Wasser und für ihr Ziel alles macht. Mord und Totschlag sind dabei nur der Beginn. Dabei ist sie auch ihr Mundwerk äußerst schlagfertig - und oft etwas zu flott, wie auch ihre schlecht zu Ende gedachten Pläne. Zwar schiebt Sal im Laufe der Handlung moralische Gründe für ihr Handeln vor, aber diese deinen nur als Mittel zum Zweck. Und das weiß Sal selbst ganz genau. Sie will Rache an den Magiern, die sie verrieten - und dafür würde sie alles andere opfern. Gelebte Ideale bleiben einer Nebenfigur vorbehalten - aber selbst diese erfährt manche Ernüchterung.

Undurchsichtige Welt

So düster die Welt ist, so undurchsichtig bleibt diese im Detail. Die Verhörsituation verschleiert die Hintergründe für den Leser weiter, denn Sal erzählt nicht, was ihrer Zuhörerin bereits weiß. So erfährt der Leser einiges im Vorbeigehen. Noch mehr bleibt unbekannt, was die Bedrohlichkeit in mancher Hinsicht noch erhöht. Aber selbst für ihre Befragerin hält Sal mindestens einen großen Plot-Twist in petto, den auch ich nicht erwartet habe. Und den sie ganz typisch und nonchalant fallenlässt: Ach ja, das muss dich überraschen und ändert einiges, nicht wahr?

Ungewöhnliches bietet sich an vielen weiteren Stellen, das sich jedoch stets in das Gesamtbild einfügt, das man sich langsam von der Welt bildet. Es juckt mich, hier einige Details aufzuzählen, aber gerade diese langsam zu entdecken, zieht den Roman weiter - der auch durch viele bekannte Motive und Gegensätze so düster und bedrückend wird, wie ich es selten erlebt habe.

Daher nur ein Beispiel für die bekannten Elemente: Revolution und Imperium. Moralische Überlegenheit kann man keinem zuschreiben. Grob setzt das Imperium auf Magie, die Revolution auf Technologie (wobei es im Detail wiederum komplizierter wird). Dass die Revolution dabei Relikte einsetzt, die niemand versteht, bringt einen Hauch Science-Fiction mit sich: Sie verfügen über: panzerartige Transportmaschinen, revolutionäre Paladine ("Powerrüstungen") während das Imperium mit Flugwesen und Flammengleven aufwartet.

Dabei bleibt der Roman für mich klar Dark Fantasy: trotz Reliktmaschinen, trotz Handkanonen und trotz anderer technologisch wirkender Elemente. Das Gefühl blieb für mich Fantasy - ebenso wie die Welt postapokalyptisch wirkt, ohne dass ein Davor sichtbar wäre.

Magie mit hohem Preis

Nicht umhin komme ich jedoch, die Magie zu erwähnen, die ein anderes Konzept verfolgt als die meisten Welten. Magie ist hier nicht kostenlos. Die Lady Merchant fordert ihren Preis von den Magiern. Je nach Art der Magie, welche ein Magier wirken kann, verändert er sich auch. Für jeden Zauber muss ein Magier etwas von sich aufgeben und verliert sich schließlich ganz. Mehr möchte ich hier gar nicht andeuten, denn auch hier gehört das Entdecken zum Roman dazu.

Simple Handlung

Zurück zur Handlung: Sal geht es nicht um alle Magier, sondern um ganz bestimmte. Um die Namen auf ihrer Liste, die sie nach deren Tod fein säuberlich ausstreicht. Was genau diese Magier ihr angetan haben, was genau Sal antreibt, bleibt lange im Dunkeln. Zuvor schon erfährt man von den Namen: Vraki das Tor ist zum Beispiel einer der meistgesuchten Verbrecher des Imperiums und ein Magier, der Verbindung in andere Welten schaffen kann.

Im Kern ist diese Geschichte simpel: Sal sucht Rache, verfolgt ihre Feinde, überwindet dabei diverse Schwierigkeiten. Interessant wird sie durch den Stil, die düstere Welt - und auch durch den Kakophon, die Waffe, die Sal bei sich trägt und die nicht nur ungewöhnliche Munition verschießt, sondern auch ein eigenes Bewusstsein zu haben scheint.

Erzählerische Längen

Die Welt und die Stimmung haben mich begeistert und machen den Roman zu dem, was er ist. Die Handlung könnte für einige Leser jedoch ein Problem sein. Denn die Handlung ist langsam und zieht sich - dabei hätte ich aber zu keinem Zeitpunkt das Wort langweilig verwendet. Sieben Schwarze Klingen bricht mit dem modernen Actionstil, der fortlaufend durch rasante Szenen Tempo aufbaut. Die Geschichte schreitet viel häufiger langsam fort. Die Kämpfe gibt es trotzdem und sie sind nicht weniger brutal - wirken aber häufig überlegter als pure Reaktion und Instinkt.

Auch vieles andere macht neugierig, erreichte aber nie dieses "Nur noch ein Kapitel"-Gefühl, das manche Romane erzeugen. Tatsächlich las ich fast einen Monat an diesem Buch, immer ein Kapitel weiter. Aber ich legte es nicht aus Langeweile weg - es hatte einfach nicht dieses Drängen.

Hätte man kürzen können? Bei über 600 Seiten liegt das nahe. Und ja, an einigen Stellen hätte es schneller gehen können; viele Episoden hätte die Kerngeschichte nicht gebraucht. Wer dem Roman Längen zuschreibt, dem ist schwer zu widersprechen. Dennoch sage ich: Gerade das stets wiederkehrende düstere, bedrohliche, moralbefreite in immer ähnlichen (und teils auch vermeidbaren!) Situationen trägt zur Stimmung dieses Romans bei, macht sie vielleicht gerade aus. Und diese Stimmung mehr als die Geschichte sind für mich das Besondere an diesem Roman. Und sie hält bis zur letzten Seite.

Serienauftakt?!

Oder vielleicht sogar darüber hinaus. Denn einige wenige Dinge ahnt man voraus. Auf der letzten Seite wird alles abgeschlossen und man könnte denken, das war's. Aber dies ist ein Serienauftakt - und Fragen bleiben genug, wenn man nur ein kleines Stück sucht. Vielleicht die Drängendste: Was ist mit Sals Waffe, dem Kakophon, den viele gerne besitzen wollen, dem mehrfach so etwas wie ein eigener Wille zugeschrieben wird und der sich weigert, für andere außer Sal zu feuern? Und damit verbunden Sals weitere Jagd auf ihre Namen und wie diese weitergeht.

Vorhersehbar ist der Kampf zwischen Revolution und Imperium: Er wird weitergehen, immer weiter; immer gleich. Kleinere Gruppen wie die Freimacher oder Schattenmäuler werden vermutlich keinen großen Einfluss bekommen und ebenso wenig verändern wie die Monstrositäten der Scar.

Lichtblicke für diese Welt? Sowohl im Imperium als auch in der Revolution gibt es einige wenige Personen, die sich einige Ideale bewahrt haben. Aber sie sind durch die Gegebenheiten beschränkt. Vielleicht wird man sie wiedersehen - ob sie nun scheitern oder etwas Gutes schaffen. Für Sal wird es jedoch auch ziemlich sicher nur nett bleiben, einen moralischen Grund für ihr Handeln vorschieben zu können.

Fazit: Sieben Schwarze Klingen sorgt weder für absolute Spannung noch anhaltenden Thrill. Dennoch: Mich begeisterte die unbekannte, düstere Fantasy-Welt mit leichtem Science-Fiction-Hauch. Selten unterhielt depressive Hoffnungslosigkeit und Schicksalsergebenheit so großartig.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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