Der Club der unsichtbaren Gelehrten
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Die Zauberer der Ungesehenen Universität schätzen ihre Mahlzeiten – aber wenn sie nicht bald ein Fußballspiel bestreiten verlieren sie das Recht auf das Einkommen aus einem Vermächtnis. 87.5% der äußerst "geringen" Lebensmittelausgaben zu verlieren würde bedeuten, lediglich 3 Mahlzeiten täglich zu haben – und Hände weg von der Käseplatte mit 107 Sorten! Ein Team muss also her. Nur leider ist Fußball inzwischen zu einem Spiel für Gewöhnliche Leute geworden, etwas das die Zauberer nun wirklich nicht sind.
Dennoch gibt es diese Gewöhnlichen Leute (mit großem G) in der Universität – zum Beispiel versorgen sie die Zauberer mit Mahlzeiten. Und in den Gewölben der Universität lungern ein potentieller Spieler der allein schon durch seinen Vater berühmt ist; eine wunderschöne junge Frau die vermutlich das größte Model aller Zeiten wird; eine großartige Köchin; und Mister Nutt. Mister Nutt, der erstaunlich effizient ist in allem was er tut, wenngleich ein wenig seltsam…
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
Dieses Buch ist über Fußball. Zumindest teilweise – denn eigentlich geht es wie immer um Menschen (und Zwerge und Trolle uns so weiter). Dieser Scheibenwelt-Roman widmet sich aber nicht nur den Zauberern und „hohen Tieren“ sondern auch den Leuten von der Straße. Es geht also um gewissenlose Händler, brutale Schläger und ungebildete Ganoven.
Das Schöne Spiel
Fußball ist das zentrale Thema, das wird bereits beim Titelbild klar. (Schade: einmal wieder musste das tolle Cover der englischen Ausgabe (vgl. unten) einem recht leblosem deutschen Titelbild weichen.). Wobei das so gar nicht stimmt: etwa ein Drittel entfällt auf Fußball und den Hauptplot, der Rest entfällt auf Nebenhandlungen. Dennoch ist Fußball "the beautiful game", das schöne Spiel also. Aber nicht in Ankh-Morpork, denn hier ähneln die Fußballspiele halb-organisierten Straßenschlachten zwischen den einzelnen Stadtteilen; ein Tod auf dem Spielfeld ist nichts Neues. Tore sind dagegen bemerkenswert: Drei Tore im ganzen Leben sind ein unglaublicher Rekord!
Das ist Grund genug, das Spiel zu verbieten – stattdessen wird es jedoch reformiert, mit Regeln, die Mister Nutt schließlich aufstellt – unter ästhetischen Gesichtspunkten. Im Rahmen des Hauptplots kommt es natürlich zu vielen Anspielungen auf den diesweltlichen Fußball, von generellen bis hin zu sehr spezifischen Ereignissen, beispielsweise ein „Es gibt nur einen Macarona“-Gesang der ein wenig ausartet; oder auch der Einsatz des organisierten Fußballs als sozio-politisches Kontrollinstrument (mit einer gehörigen Portion Satire). Fraglich ist, wie sehr sich die Zielgruppen Fußball-Fans und Pratchett-Leser generell überschneiden. Aber mit Fußball hört der Plot nicht auf.
Gewöhnliche Figuren
Neu im Mittelpunkt stehen Gewöhnliche Figuren. Dies ist nicht gemeint in dem Sinne dass sie nichts Besonderes sind: solche Figuren taugen wenig für Geschichen und die narrative Kausalität der Scheibenwelt zwingt Figuren sowieso in Geschichten hinein. Diese Figuren sind "gewöhnlich" im Sinne ihrer Profession (ein Wort, das einige wohl erst nachschlagen müssten – wenn sie nicht lieber den schlagen der es verwendet): Es sind Köche und Diener; aber auch bereits erwähnte Straßen-Gangs. Diese Figuren waren immer vorhanden (immerhin werden sie gebraucht) aber entweder ausgeblendet oder nur in marginalen Rollen. Hier jedoch spielt ein Großteil der Handlung in der Küche.
Die Zauberer, Vetinari, Lady Margolotta und andere Figuren mit Einfluss sind da und spielen auch im Fußball-Plot eine Rolle. Aber neben diesem wechselt die Handlung zwischen der Köchin Glenda (im Zweitjob Beauty-Verkäuferin für Trolle und Zwerge), ihrer Gehilfin (bald Model?) Juliet, dem Kerzenknappen Trevor und Mister Nutt, der nicht weiß, was er eigentlich ist und vor allem Wert erlangen will.
Kontinuität & Generationenwechsel
Bei den Figuren gibt es neben den Fokus auf arbeitende Klassen auch einen Generationenwechsel: in vorhergehenden Bänden Mosit von lipwig und nun 4 neue Protagonisen in einem Buch. Vielleicht ist dies sogar ein wenig zu viel? Gespiegelt wird dieser Generationenwechsel auch in einer Konkurrenz-Universität zur Unsichtbaren Universität, die in bester Brain-Drain-Manier den Dekan abwirbt – und natürlich ist neu immer besser.
Über Kontinuität braucht man sich indes nicht sorgen: Vetinari, Ridcully und andere Figuren treten weiterhin auf; Ponder Stibbons insbesondere entwickelt sich geradezu atemberaubend weiter. (Preisfrage: Was macht Ponder eigentlich alles an der Universität? Tip: Die Antwort war schon da.) In der Universität findet sich auch das Gegengewicht zum Wandel: Der „Master of Traditions“ hat einige Traditionen wiederbelebt, darunter auch das Fußballspiel. Zudem gibt es einige Anspielungen auf frühere Romane, sei es Rincewinds Mutter (die ihn verlasse hat, bevor er geboren wurde), oder Eskarina aus Sourcery – das war immerhin der 5. Roman und dies ist Nummer 37!
The Ugly: The Translation und viele Plots
Das englische Cover
Englische Ausgabe
Entwarnung gegeben werden kann jedoch für Leser, die zwar keine Fußball-Fans sind aber nicht gänzlich apathisch. Man wird Anspielungen verpassen; vermutlich habe ich auch einige verpasst, der ich nur zu Welt- und Europameisterschaften schaue und sich sonst eher ärgert, dass Fußball mehr Geld bekommt als andere Sportarten. Dennoch konnte ich viele Anspielungen sofort erkennen und das Buch hat mir gefallen.
Gelesen wurde das englische Original. Gerade bei Terry Pratchett sind einige Passagen nur schwer übersetzbar. Ich empfehle daher, die englischsprachige Version bevorzugen soweit irgend möglich.
Fazit: "Der Club der unsichtbaren Gelehrten" ist ein solider Pratchett-Roman, der neben dem Hauptplot sehr viel Raum auf Nebenplots vergibt. Um diesen Roman zu lesen muss man kein Fußball-Fan sein, wenngleich dies bei einigen Anspielungen hilfreich ist.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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