Buch-Cover, Ben Aaronovitch: Die Flüsse von London

Die Flüsse von London

Originaltitel: Rivers of London [EN]
Serie: Peter Grant (#1)
Übersetzer: Karlheinz Dürr
Genre: Urban Fantasy
Verlag: dtv
Seiten: 478
Erschienen: 01/2012 (Original: 2011)
ISBN: 978-3-423-21341-7
Preis: 9,95 Euro (Softcover)
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Peter Grant ist frischgebackener Constable im modernen London. Seine Aussichten sind jedoch eher unbefriedigend, denn die Metropolitan Police will ihn in ein Büro stecken – langweilig! Als er dann ausgerechnet einem Inspector sagt, er würde auf einen Geist als Zeugen warten, scheint sein Karrierestart endgültig missglückt. Doch stattdessen nimmt Inspector Nightingale ihn ernst, und macht ihn zu seinem Assistenten. Peter muss sich bald nicht nur mit einem Vampirnest beschäftigen sondern auch einen Waffenstillstand zwischen Themsen-Gott und Themsen-Göttin aushandeln – und einer seltsamen Sache auf den Grund gehen, bei der vollkommen normale Menschen plötzlich durchdrehen und danach ihr Gesicht verlieren - das ist keine Metapher. Auch wenn Peter der Ausbildung zum Magier zustimmt: Er hat ja keine Ahnung, worauf er sich da eigentlich einlässt…

Das Buch erhält 8+ von 10 Punkten.

"Die Flüsse von London" beginnt mit einem langweilig wirkenden Police Constable. Action gibt es wenig; stattdessen gewinnt der Roman durch lokale Atmosphäre und überzeugende Recherche: Über Mythen und die exakte Verwendung der Londoner Geographie schafft Ben Aaronovitch einen innovativen Urban Fantasy Roman mit viel Lokalkolorit.

Lahmer Beginn, dann originelle Geschichte

So wie der Hauptcharakter zuerst langweilig wirkt konnte mich auch der Anfang des Romans nicht packen: ein selbstmitleidiger Polizist macht nicht viel her. Das ändert sich aber sobald der Geist auftritt: ein dezenter Humor, der nicht zentral ist, aber auflockernd wirkt und auch im Rest des Romans wiederkehrt. Das gilt auch für das Fantasy-Element: Peter ist zwar Ermittler fürs Übernatürliche, aber die Abteilung besteht nur aus ihm und seinem Lehrer Nightingale. Die übernatürlichen Wesen Londons halten sich zudem im Verborgenen: Trolle, Geister, Götter werden erwähnt, ziehen aber nicht durch die Straßen oder zumindest nicht offen. Im Zentrum der Handlung stehen die Flüsse Londons und ihre Personifikationen; Peters Ausbildung mitsamt kriminalmagischen Ermittlungen; und ein seltsamer Geist (oder was immer es ist), der Menschen durchdrehen lässt. „Die Flüsse von London“ ist eine Mischung aus Krimi und Urban Fantasy (aber keines richtig). Wer beiden Gattungen etwas abgewinnen kann und das moderne London mag, der sollte mindestens einen Blick hinein werfen.

Wissenschaftliche Magie

Peters Magierlehre findet bei einem einzigen Lehrer statt - eine Zaubererschule gibt es nicht. Die Ausbildung wird auch nicht direkt geschildert sondern immer wieder nebenbei eingeflochten. Magie wird in der Romanwelt vergleichsweise ernsthaft und (natur-)wissenschaftlich betrieben – Isaac Newton kodifizierte einst die Grundprinzipien. Hierdurch kommt es zu einem „realistischen“ Ton des Romans, was sich auch in Peters und Nightingales Ermittlungen wiederspiegelt: Sie sind Polizisten. Sie jagen zwar Verbrecher aber nicht im Superhelden-Cape sondern. Viel wichtiger sind in diesem Roman Recherche und Vermittlung. Erfreulich: eine eindeutige gut-böse Unterteilung bleibt weitestgehend aus – Menschen und übernatürliche Wesen sind einander einfach fremd.

Einige offenen Fragen bleiben und deuten auf die Fortsetzung, wie etwa der Anstieg und Abfall der Magiestärke – und natürlich die weitere Karriere Peters, der zwar leicht abgelenkt ist aber auch über Auffassungsgabe und Ideenreichtum verfügt – wenn er auch oft unorthodox handelt. „Gerissen,“ meint Oxley und auf die Frage, ob dies gut oder schlecht sei, lacht er: „Es wird sicher interessant, das herauszufinden.“ Oxley ist übrigens ein Fluss.

Tradition und Moderne

Und zwar ist Oxley der Oxley River und in diesem Roman eben auch ein Mensch – oder zumindest eine menschliche Personifikation des Flusses. War er früher einmal ein echter Mensch oder Wasser das zu Fleisch wurde? Auf solche Details geht der Roman nicht: Mystisches bleibt mystisch. Dadurch verstärkt der Roman einen Kontrast zwischen Tradition und Moderne sowie Magischem und Mundanem. Hier stehen auf der einen Seite Vater und Mutter Themse, uralte Wesen, die sich lange zurück erinnern und vor allem Respekt erwarten. Auf der anderen Seite stehen ihre Söhne und Töchter, die sich sehr an das moderne Leben angepasst haben und die man gar nicht weiter bemerken würde. Auch die „Alten“ sind den modernen Bequemlichkeiten nicht abgeneigt und sei es nur der Genuss von Jazz in nahen Bars. Allen gemein ist ihre enge Bindung zum Wasser, insbesondere ihrem eigenen Fluss – die übrigens alle tatsächlich existieren und keineswegs ausgedacht sind, inklusive der Geschichte der Flüsse.

Einige Kapitel spielen außerhalb Londons und bringen einen Stadt-Land-Gegensatz ins Spiel: Weilt Mama Themse in der Stadt so ist der Alte Mann des Flusses mit seinen Söhnen auf dem Land unterwegs. Dies führt jedoch nicht zu einer direkten Feindschaft und mancher der Themse-Söhne sehnt sich manchmal auch nach der Stadt. Konfrontation will im Grunde keiner – aber Respekt.

Ein weiterer Gegensatz von Tradition und Moderne wird erneut in London durch das Covent Garden May Fayre and Puppet Festival aufgegriffen: "die Tragische Komödie, oder Komische Tragödie, von Punch und Judy erinnert doch sehr makaber an einige Geschehnisse der jüngsten Zeit…

Alles in allem ist „Die Flüsse von London“ ein Urban Fantasy Roman bei dem die phantastischen Aspekte unaufdringlich aber immer gegenwärtig im Hintergrund lauern und mit einem Krimnalroman verwoben werden. Der Autor verbindet Traditionen und Mythen mit wissenschaftlichen Methoden und realer Geographie und erzeugt so eine atmosphärische Geschichte im modernen London. Nicht auf ihre Kosten kommen hingegen Leser, die Action, Feuerbälle und magische Kämpfe erwarten und auch pure Krimi-Fans werden ihre Probleme haben.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .


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Die Flüsse von London - Leseprobe (extern)

Zitat(e) aus dem Buch

  • "Und Sie sind.... was denn nun?" "Ein Zauberer." "Wie Harry Potter!" Nightingale seufzte. "Nein, nicht wie Harry Potter."
  • Natur und der Natur Gesetze lagen in dunkler Nacht; Gott sprach: Newton sei! Und sie strahlten voller Pracht.
  • "Guten Tag, Ma'am. Mein Name ist Peter Grant, ich bin von der Polizei, und das hier ist meine Kollegin Beverley Brook, und sie ist ein Fluss in London." Mit solchem Zeug kommt man bei Zivilisten in der Regel durch[...].

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