Buch-Cover, Ben Aaronovitch: Ein weißer Schwan in Tabernacle Street

Ein weißer Schwan in Tabernacle Street

Originaltitel: False Value [EN]
Serie: Peter Grant (#8)
Übersetzer: Christine Blum
Genre: Urban Fantasy
Verlag: dtv
Seiten: 329
Erschienen: 10/2020 (Original: 2020)
ISBN: 978-3-423-26278-1
Preis: 15,00 Euro (Softcover)
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Wertung: 3/5 Grimoires; 7/10 Punkte, Gut

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Kurz & Knapp

  • Abgeschlossener, neuer Fall
  • Magie wirkt auf Technologie aufgesetzt
  • Viel Serientypisches, kein neuer Höhepunkt

Suspendiert und für all das verantwortlich gemacht, was schief geht, deshalb Kündigung - so stellt sich Peter Grant bei seinem neuen Job vor und wird prompt von der Sicherheitsabteilung der Serious Cybernetics Corporation eingestellt. Sein erster Auftrag: Einen Maulwurf finden. Doch schnell ist Peter auch hier wieder in magische Verstrickungen verwickelt: Es scheint, als habe nicht nur Silicon-Valley-Genie Terrence Skinner seine Hände an eine potenziell magische Maschine bekommen. Überdies scheinen ihm einige amerikanische Praktizierende gefolgt sind, deren Ansichten sich deutlich von ihren britischen Kollegen unterscheiden. Bei all dem steht Peter auch privat vor neuen Herausforderungen, denn Beverly ist mit Zwillingen schwanger - und die Beziehung ist ohnehin kompliziert.

Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.

Der achte Peter Grant Roman kommt mit vielem daher, das man von dieser Reihe erwartet. Das direkte Umfeld wird sogar etwas nerdiger. Andererseits fehlte mir etwas von der Magie, die weniger in die Geschichte verwoben wirkt. Der Grund mag der Abschluss der bisherigen Handlung sein: Man kann dies durchaus als ersten Band von Peter Grant Staffel 2 sehen. Alles in allem unterhielt mich dieser gut - aber setzt keinen neuen Höhepunkt.

Neuer Job?

Mit diesem Buch sollte man nicht einsteigen - es fehlt sonst einfach zu viel Vorgeschichte, selbst wenn ich (inoffiziell) vom ersten Band einer neuen Staffel spreche. Zudem beginnt Ein weißer Schwan in Tabernacle Street etwas kompliziert mit mehreren Zeitsprüngen, bis die Handlung fortlaufend einrastet. Vermutlich einzig wegen des Schocks, dass Peter sich bei einem neuen Arbeitgeber vorstellt. Ich verzichte hier auf eine Spoilerwarnung: Glaubt das jemand im Ernst? Es gibt zu viele Gründe, aus denen Peter bei der Metropolitan Police so gut wie unkündbar ist. Die Wahrheit wird dann auch schnell klar: Peter ist nun als Undercover-Ermittler unterwegs.

Das passt nicht zu Peter und das meinen auch manche andere Charaktere. Andererseits gibt es sehr gute Gründe, warum es ausgerechnet Peter ist: Magische Erfahrung ist der eine. Und wer würde besser in eine Firma passen, die ihren eigenen Sicherheitsdienst als Vogonen bezeichnet? Eben: Peter Grant passt perfekt in dieses nerdige Umfeld. Und die Ereignisse am Ende des vorigen Romans geben zusätzlich eine passende, überzeugende und nachprüfbare Coverstory

Magie und Technologie

Dieser Roman hat wieder mehr von einem abgeschlossenen Fall als die vorherige übergreifende Handlung. Allerdings mäandert er ein wenig zwischen verschiedenen Themen. In den Hintergrund rücken die typischen Polizeimaßnahmen und auch viele bekannte Nebenfiguren sowie das Folly. Zu Beginn nahm ich an, es ginge Richtung Steampunk, fallen doch Namen wie Ada Lovelace und Charles Babbage.

Dies stellte sich als falsch heraus. Eine Maschine mit Verbindung zu Ada Lovelace steht zwar im Zentrum, aber diese blieb bis zuletzt für mich ungreifbar. Schlimmer: Sie hätte mit fast allem ersetzt werden können. Die Nutzung von Magie für technologische Zwecke ("Magitech") kommt zwar auch an anderer Stelle auf und ist ein Thema, das ich oft sehr charmant finde.

Hier wirkte es auf mich aufgesetzt. Denn einige Dinge funktionieren hier einfach mit Magie und das war's. Keine genauere Erklärung. Das ist ein deutlicher Kontrast zum sonst so wissenschaftlich-akribisch forschenden Peter und dadurch verliert der Roman einen Teil des typischen Flairs.

Am Ende scheint Ben Aaronovitch zudem eine neue, größere Bedrohung für die folgenden Bände aufbauen zu wollen. Seine Erklärung für das Geschehen empfand ich leider zunehmend als platt und ähnlich aufgesetzt wie die Magie auf moderne Geräte.

Häusliches und Privates

Daneben gibt es kurze Einblicke in Peters Privatleben - sein Leben mit Beverly. Denn die Göttin des Beverly Brook ist mit Zwillingen schwanger. Was Kinder mit sich bringen könnten, wird aber nur angedeutet. Peters verdeckte Ermittlungen sorgen dabei für zusätzliche Spannung. Denn ist Beverlys Meinung zur Polizei schon nicht unproblematisch, hält sie von dieser Undercover-Tätigkeit noch weniger: Peter wird zwangsläufig gute Menschen hintergehen müssen. Und zu eben jenen Menschen bauen Beverly und Peter eine Verbindung auf. Fast kann man sagen, dass Peter Grant hier im Bürgerlichen ankommt.

Dabei steht vor allem das Magische zurück. Natürlich: Beverly ist immer noch magisch, es wird gezaubert, Abigail und ihre Füchse tauchen auf, Fingerhut lässt ihrer Kunst freien Lauf und Molly nutzt weiterhin jede Chance, jemanden zu bekochen. Dies wirkte aber mehr als sonst nur wie Hintergrund; ein kurzes Nicken: ja, die sind alle noch da; aber nicht wie wirklicher Teil der Geschichte. Das verdeckte Ermitteln ist dafür sicher ein Grund. Mir fehlte dennoch magischer Pep, denn selbst die interessanten Weiterentwicklungen mancher Figuren blieben kaum fassbar, sind halt irgendwie da.

Internationale Verwicklung

Selbst die Verbindung in die USA zu Agentin Kimberley Reynolds flammt nur am Rande auf. Ihre Involvierung ist schon deshalb zwangsläufig, weil das Genie Skinner sich erst vor kurzem aus den USA nach Großbritannien abgesetzt hat - und das FBI hat eben auch ein Auge auf die eigenen Praktizierenden. Als sich weitere amerikanische Praktizierende zeigen, wird es umso wichtiger.

Leider bleiben Peters neue Bekannte - gleichsam Verbündete und Gegenspieler - etwas blass. Sie bringen eine neue Gruppierung mit eigenem Berufsethos ins Spiel, aber im Rückblick kann ich weniger über sie sagen als über eine gewisse russische Nachthexe. Vielleicht wird es ja in den Folgebänden internationaler - ob dies dann gut oder schlecht ist, bleibt abzuwarten; in dieser Intensität wünschte ich mir lieber mehr Flair à la Londoner Demimonde.

Nebenschauplatz: Titel, Format

Einige Punkte sind für mich weniger wichtig, ich möchte sie doch erwähnen. Das beginnt beim Titel. Er klingt passend zur Serie: Aber ich konnte nichts mit ihm anfangen. Was ist ein weißer Schwan? Nachgeschlagen stieß ich auf einen Zusammenhang zur Informatik im Bereich Verifizierung (Wikipedia: Verifizierung). Das fand ich allerdings eher dürftig, mal abgesehen davon dass ich Titel zum Verständnis eher nicht nachschlage. Warum nicht der Originaltitel False Value, der klar und gleichzeitig mehrdeutig wäre?

Schaut man auf den Titel, sieht man auch, dass sich das Format des Buchs geändert hat. Das Papier ist dicker, vor allem aber ist es größer. Es passt so nicht mehr zu den anderen Büchern im Regal. Unschön; andererseits ist dies vielleicht der beste Zeitpunkt für eine solche Änderung - nach Abschluss der Gesichtslosen-Handlung.

Manchmal sine es ganz kleine Dinge, die zurückbleiben. Dazu gehört hier eine in meinen Augen misslungene Übersetzung an einer einzigen Stelle: Ein Londoner hat Schlawiner als Spitzname? Das passt für mich gar nicht und das London-Feeling war in diesem Teil ohnehin gering. Was war denn der Originalname? Der hätte es vermutlich gut getan. In manchem anderen Buch ärgere ich mich wegen Nichtübersetzungen; aber in London spricht man eben Englisch.

Abschließend ziehe ich ein leicht schizophrenes Fazit zu Ein weißer Schwan in Tabernacle Street: Der Roman hat mich gut unterhalten. Er hat immer wieder das Typische eines Peter Grant Romans. Aber: Je länger ich nach(!) dem Lesen darüber nachdenke, desto mehr Kritikpunkte fallen mir ein. Damit bleiben für mich ein ordentlicher Peter Grant Roman und die Hoffnung, im nächsten Buch wieder mehr magische Atmosphäre zu erleben. Ein Teil zum öfter mal wieder lesen wie mancher andere, ist dieser nicht.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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