Buch-Cover, Ben Aaronovitch: Die Glocke von Whitechapel

Die Glocke von Whitechapel

Originaltitel: Lies Sleeping [EN]
Serie: Peter Grant (#7)
Übersetzer: Christine Blum
Genre: Urban Fantasy
Verlag: dtv
Seiten: 415
Erschienen: 05/2013 (Original: 2018)
ISBN: 978-3-423-21766-8
Preis: 10,95 Euro (Softcover)
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Wertung: 3/5 Grimoires; 7/10 Punkte, Gut

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Kurz & Knapp

  • Mehr vom Bekannten
  • Einige Längen

Der Gesichtslose ist enttarnt, aber nicht gestellt. Und keineswegs untätig, wie Neu-Detective Peter Grant feststellt. Der neueste Clou: eine Glocke mit einer Inschrift, Verbindungen zu archäologischen Ausgrabungen und Andeutungen von Artus und Merlin - ohne einen Hinweis, was genau der kriminelle Magier plant. Außerdem ist da natürlich noch Lesley May, die weiterhin mit dem Gesichtslosen zusammenarbeitet, Peter aber hin und wieder kontaktiert. Doch selbst die geballte Macht der London Metropolitan Police kommt mit normalen Mitteln nicht weiter und sieht sich mit mehr als einer Überraschung konfrontiert.

Das Buch erhält 7- von 10 Punkten.

Nach Der Galgen von Tyburn ist klar: Die große Geschichte um den Gesichtslosen geht ihrem Höhepunkt und Ende zu. Das bedeutet nicht das Ende von Peter Grant, denn inzwischen sind doch einige Nebenhandlungen aufgelaufen. Insgesamt kann man daher auch das Fazit ziehen: Die Glocke von Whitechapel ist mehr vom Bekannten. Das ist nicht schlecht - kommt aber auch nicht an die ersten vier Bände heran.

Ernsthafter

Wäre dies eine Jugendreihe, würde ich schreiben: Peter ist erwachsen geworden. Das war er natürlich auch vorher, aber der Vergleich des Erwachsenwerdens passt trotzdem. Peter ist nun nicht mehr Constable, sondern hat seine Prüfung zum Detective bestanden. Und er trägt nun mehr Verantwortung - sicher auch aus der Not heraus, denn neben Nightingale ist er der einzige Praktizierende der London Metropolitan Police. Diese arbeitet nun auch ernsthaft, im großen Stil und mit vielen Ressourcen zusammen um den Gesichtslosen und Lesely zu stellen. Schon am Ende des vorigen Bandes war klar: Es wird ernst.

Das spiegelt sich auch an anderer Stelle wieder: Posttraumatischer Stress (PTSD) und Suspendierungen sowie allgemeines Trauma und schwere Verletzungen machen Konsequenzen deutlich. Peter wird "nur" verboten, weiterzumachen und erholt sich relativ schnell. Mancher Nebenfigur ergeht es deutlich schlechter.

Bekannte Figuren

Unter diesen Figuren trifft man einige alte Bekannte. Nightingale ist natürlich dabei und nimmt wieder mehr Platz ein. Zach taucht auf, und Figuren aus vorherigen Fällen werden in Erinnerung gerufen. Das Wiedersehen ist schön - aber in manchen Fällen bringt es die Story nicht richtig weiter und mäandert nur um den Hauptfall herum.

Das gilt nicht für Lesley. Auch wenn sie zum recht abrupten Ende beiträgt und ihre Motivation nie gänzlich klar wird, ist sie für mich ein Highlight. Sie ist auch am Ende noch rätselhaft und alle Spekulationen über ihre Motive bleiben genau das: Spekulationen. Ebenfalls schön: In Mollys Vorgeschichte kommt etwas Licht, jedoch nicht mehr als die Reflexion auf einem Fluss.

Unbekannte Figuren

An einigen Stellen kann man jedoch grübeln. Abigail und ihre Füchse? Zu den "wiedergetroffenen" Figuren zählen nämlich auch einige, die Leser der Romane nie getroffen haben. Die Füchse kenne ich schon aus dem Kurzroman Geister auf der Metropolitan Line - aber auch dort wurden sie als schon vorhanden eingeführt. Tatsächlich scheinen sie erstmalig in einem Comic aufgetaucht zu sein - ja richtig, Peter Grant hat inzwischen auch Comic-Ableger. Stört das massiv? Nein, aber man kann schon ins Grübeln kommen, welche Episode man vergessen hat.

Dahinplätschern ohne Überraschung

Darüber hinaus bietet Die Glocke von Whitechapel nicht nur bekannte Figuren, sondern auch viel vom Bekannten. Der nerdige Humor ist da und bietet dahingehend wenige grundlegende Überraschungen. Muss er aber auch nicht, denn wer die Reihe bis hierhin gelesen hat, mag eben genau das: einen Krimi mit abstrusem Scheiß. Trotzdem fehlte mir ein "Wumms".

Denn die Geschichte ist zwar nie so flach, dass man sich ausklinkt, aber kann auch nicht mit Tiefe fesseln. Informationen zur römischen Frühgeschichte und zu Artus sind nicht ganz uninteressant, insgesamt jedoch nicht zielführend und nie packend. Auch ein Treffen mit einem früheren Tyburn und eine Nahtoderfahrung sind nicht mehr neu. Insgesamt kommt dieser Roman nicht an die ersten drei bis vier Teile heran. Dazu verliert er zu sehr in Abschweifungen, die um die Haupthandlung herummäandern, wobei das Mystische zu distanziert bleibt.

Etwas Tempo kommt durch Verfolgungsjagden und die direkte Konfrontation mit dem Gesichtslosen auf. Hier wird der Roman beinahe zeitgeistig actionlastig. Das geht ein Stück auf Kosten von Mystik und Geheimnisvollem. Dieses wird hier kaum weiter ergründet; im Fokus ist dann doch eher das Stellen des Gesichtslosen. Falsche Fährten sind dabei selbstverständlich, aber bei deren Masse vermutete ich zeitweilig, dass selbst die Glocke ein einziges Ablenkungsmanöver sei. Insgesamt hätte jedoch etwas mehr Stringenz gut getan oder etwas mehr vom Magisch-Mystischen.

Abschluss der Reihe?

Ben Aaronovitch schweift reichlich in Nebengeschichten aus. Serientypisch bringt er Historisches unter; und Mystisches; und anderen "abstrusen Scheiß". Und er unterhält trotz einiger Längen gut.

Erwartbar ist dies das große Finale mit dem Gesichtslosen. Noch ein Roman auf der Jagd wäre schwer vorstellbar bei allem, was gleich zu Beginn aufgeboten wird. Diese lange Haupthandlung wird also abgeschlossen: einerseits rund, andererseits mit einem Twist aber durchaus konsequent.

Künden die Längen vom Ende der Reihe? Nein, inzwischen ist False Values (engl. Titel) als nächster Roman angekündigt. Ohnehin bleiben abseits der Gesichtslosen-Handlung viele Dinge offen, so dass ich ein Serienende unbefriedigend gefunden hätte: die Magie in anderen Ländern, Molly, Peter und Beverly, die Flüsse und im weiteren auch die Demi-Monde. An Material mangelt es Ben Aaronovitch sicher nicht. Die Frage für die Zukunft der Reihe wird sein, was er daraus macht. Denn bei aller Gelegenheit haben auch schon andere Autoren Welten in langwierigem Text zu Tode gestaltet. Denn manchmal reizt Leerfläche mehr - so sehr die Fans auch Antworten verlangen. Dies wäre allerdings Kritik für ein weiteres Buch - das ich gerne lesen werde.

Die Glocke von Whitechapel bietet vieles von dem, was man von der Peter Grant-Reihe kennt und erwartet. Der Roman hat zwar einige Längen und ihm fehlt ein richtig großes Ding; insgesamt unterhält er trotzdem gut.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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