Buch-Cover, Luke Arnold: Totengraben

Totengraben

Serie: Fetch Phillips (#2)
Übersetzer: Christoph Hardebusch
Genres: Dark Fantasy; Urban Fantasy
Verlag: Knaur
Seiten: 432
Erschienen: 01/2022 (Original: 2020)
ISBN: 978-3-426-52617-0
Preis: 14,99 Euro (Softcover)
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Wertung: 3/5 Grimoires; 7/10 Punkte, Gut

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Kurz & Knapp

  • Erneut tolle Atmosphäre
  • Zwei zentrale Elemente missfallen mir

Die Magie ist fort. Seit seinem letzten Abenteuer hält sich jedoch das Gerücht, dass Fetch Phillips weiterhin auf der Suche nach Magie ist und etwas gefunden hat. Fetch selbst leugnet dies, schlägt sich weiterhin mit dubiosen Jobs durch. Und dennoch ruft ihn die Polizei gänzlich unerwartet als "Experten" dazu. Gibt es eventuell doch noch Magie? Während der erste Fall schnell gelöst scheint, landet eine dubiose Maschine auf Fetch' Schreibtisch und eine neue Firma macht Sunder City Hoffnung auf eine neue Zukunft. Doch Fetch beschleicht zunehmend das Gefühl, dass der Falsche im Gefängnis sitzt und dass etwas ganz und gar nicht richtig ist.

Das Buch erhält 7- von 10 Punkten.

Die Welt von Fetch ist nach wie vor eine der interessantesten der letzten Jahre. Und der Beginn des zweiten Romans verspricht einiges mit der zentralen Frage: Ist da noch Magie? Trotz der erneut gelungenen Noir-Stimmung war ich im weiteren Verlauf jedoch auch enttäuscht, denn zwei zentrale Handlungselemente fand ich platt - und einen Antagonisten so unsympathisch wie kaum eine Figur, obwohl der Autor wohl das Gegenteil beabsichtigt hat. Dennoch: Die Stimmung hat es raus.

Noir-Stimmung - Schneller erster Fall

Schon beim ersten Teil schrieb ich: Der heimliche Star ist die Welt selbst. Das gilt erneut für den zweiten Band: Die kaputte, postapokalyptische Welt, in der alles Magische verschwand, das Noir-Setting und die dahinsiechenden fantastischen Wesen sind zweifellos gelungen. Und darin kleine Hoffnungsschimmer, denen Fetch und andere nachjagen - nur um doch enttäuscht zu werden. Oder doch nicht? Gibt es da nicht doch noch etwas?

Mit "Noir" sind Stimmung und Setting schon in wesentlichen Teilen zusammengefasst. Es wäre daher unfair, einige typische Noir-Elemente zu bekritteln: die Damen, die Kaschemmen, das teils illegale Handeln und die Sucht des Protagonisten. Ja, sie sind manchmal etwas abgedroschen, aber sie gehören einfach dazu wie die zweifelhafte Moral. Ohne dies wäre es kein detective noir fantastique. In diesem Sinne passt es auch, dass es gelegentlich etwas zäh wird, denn dies ist eine Welt, in der jeder nahezu ausgeknockt nur noch in den Seilen hängt und versucht, irgendwie durchzukommen.

Ich könnte fast komplett begeistert sein. Aber mich stören zwei Dinge. Und das sind ausgerechnet zwei wesentliche Handlungselemente - das eine war mir schon zuvor extrem unsympathisch, das andere wirkte wie abgeschaut. Aber, das muss ich zugeben und möchte es schön vorab sagen: Sie passen dennoch.

Vergangenheit und Zukunft

In diesem Absatz gibt es zwangsweise Spoiler. Denn das erste Element stammt aus Fetch' Vergangenheit. Ein Unbekannter sorgt für Ärger. Doch bald ist seine Identität klar: Es ist sein früherer Mentor, ehemaliger Kanzler und Leiter von Opus: Hochkanzler Eliah Hendricks. Ich vermutete zunächst, dass hier noch mehr dahinter ist: jemand, der sich als Eliah ausgibt? Dass er nach dem Kataklysmus grundlegend verändert ist und nicht mehr er selbst? Aber hier ist Totengraben sehr geradlinig. Es ist Eliah.

Und ... selten ist mir eine Figur so auf die Nerven gegangen wie diese Kann-alles-weiß-alles-Playboy-Elf-Wowzer! Schon vor seinem direkten Auftritt. Ich bin richtiggehend verwundert, wie viel Antipathie Luke Arnold in mir für diese Figur aufbauen konnte. Insbesondere weil es gar nicht seine Absicht gewesen zu sein scheint. Denn Fetch liebt seinen Mentor, will ihm helfen, seine Achtung erlangen. Dadurch gerät er erneut in einen Gewissenskonflikt und muss letztlich entscheiden, ob er Eliahs Weg geht.

Dieses Problem ist typisch und passend für noir. Ich konnte mich jedoch nur schwer darauf einlassen, da Eliah auch im weiteren Verlauf keine Sympathiepunkte sammelt - und der Tote, der doch nicht tot ist, ist zumindest ein wenig ausgelutscht.

Auch das zweite Element könnte man ausgelutscht nennen: Vermuten alle zunächst noch Magie, liegt bald eine Pistole, eine Feuerwaffe auf Fetch' Schreibtisch. Und sie fühlt sich so gut an, funktioniert so großartig, ist so einfach zu bedienen ...

Einerseits passt dies, denn die Magie ist verschwunden und auch auf anderen Ebenen deutet sich an, dass Technologie, Chemie und anderes den Platz der Magie einnehmen; Fertigkeiten, die nun notwendig sind, wo Magie zuvor praktischer und einfacher war. Beim ersten Auftauchen rührte sich in mir jedoch Missfallen: Wird das jetzt ein Dark Fantasy Plot von Helle Barden?

Das wird es zum Glück nicht, denn im Gegensatz zu jenem Buch geht es nicht um ein einziges Artefakt. Vielmehr deutet diese Pistole auf andere Dinge und in die Zukunft von Sunder City und der Welt. Denn es existiert noch mehr aus der alten Welt, das auch nach der Magie genutzt werden kann - nur anders.

Nichtmagische Alternativen

Diese Alternativen schimmern bei genauerer Betrachtung an mehreren Stellen durch, werden aber erst am Ende richtig wichtig. Vermutlich war vieles schon immer da und nach der Coda immer noch da. Man hat es nur nicht benutzt. Oder nur mit Magie benutzt. Denn Magie kannte man; Magie war da; und Magie war viel einfacher.

Der Roman thematisiert das nicht tiefer. Es wäre aber durchaus ein Ansatz, das Verhältnis zwischen Menschen und magischen Wesen aus noch einem anderen Blickwinkel zu sehen. Dies ginge in die Richtung Industrie/Technologie gegen Magie, auch kein unbekanntes Thema. Möglicherweise spielt dies in weiteren Teilen eine Rolle?

Denn auch hier scheinen magiefreie Alternativen an verschiedenen Stellen durch: Da sind einige Elfen, die sich nicht mit ihrer Alterung abfinden wollen und schließlich zu mechanischer Schönheits-OP greifen. Trotz allem und auch wenn es nicht wirklich hilft. Und da ist eine Katzenfrau, die ebenfalls nicht loslassen kann - und aus Fetch Sicht andere mit leeren Versprechen abzockt.

Noir-Moralität

All dies führt zu einer drückenden Stimmung, in der Hoffnung immer wieder aufflackert, nur um erstickt zu werden. Die Figuren sind meist verbittert, oft gnadenlos, verzweifelt oder gierig. Sie wollen ihr Leben zurück. Erneut: Man könnte es einfach im Wort noir zusammenfassen.

Dementsprechend findet man das reine Gute nicht. In der Welt von Fetch Phillips sind auch die zukunftsgerichteten "Industriellen" keine Heilsbringer. Jenseits von Sympathie und Antipathie, hehren Zielen und egoistischer Gier, guten Absichten und schlechter Ausführung hat jeder auch eigene Ziele und Rechtfertigungen. Wenn letztere überhaupt der Mühe wert sind.

Das ist sowohl in Stimmung als auch Moralität typisch noir. Und das, versehen mit dem vergehenden Fantastischen, ist es, was diese Serie und den Roman mehr trägt als die Handlung oder einzelne Elemente. Meine Kritik oben nimmt sehr viel Platz ein. Sie wird in der Gesamtwirkung aber von genau dieser gelungenen Stimmung überlagert - nicht ausgelöscht, aber dennoch so dass für mich ein vor allem atmosphärisch gelungener Roman bleibt.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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