Buch-Cover, Markus Heitz: Vampire! Vampire! Alles über Blutsauger [eBook]

Vampire! Vampire! Alles über Blutsauger [eBook]

Genre: Sekundärliteratur
Verlag: Piper
Seiten: 224
Erschienen: 2010 (Original: 2010)
ISBN: 978-3-492-95070-1
Preis: 6,99 Euro (Digitaler Text / eBook)
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Wertung: 4/5 Grimoires; 8/10 Punkte, Gut bis sehr gut

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Vampire! Vampire! Alles über Blutsauger - bei einem solchen Titel ist eigentlich klar, worum es geht: Vampire. Oder etwa nicht? Oder nicht! Denn Markus Heitz betrachtet in seinem Buch nicht den literarischen Vampir, der unser modernes Vampir-Bild maßgeblich prägt, sondern den folkloristischen. Und, das sei hier vorweggenommen, ein klares Bild von diesem gibt es gar nicht. Seine Formen sind vielfältig und gehen fließend zu anderen Wesen über - und die historischen Ansichten zum Vampir sind mehr als geeignet, eine Regung zwischen Stirnrunzeln und schallendem Gelächter herbeizuführen. Mehr als eine ausführliche Darstellung gelingt Markus Heitz mit diesem Buch ein unterhaltsames Werk, das auch ohne Studium lesbar ist - wobei das weitergehende Selbststudium durchaus angeregt wird. Denn: Folgt man dem Glauben von damals, so sind wir heute allesamt extrem gefährdet, als Vampir zurückzukehren.

Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.

Historisch-Folkloristische Sicht

Markus Heitz setzt auf die historisch-folkloristische Sicht. Das bedeutet: Dracula und Co bekommen hier nur eine Erwähnung am Rande, auch für Heitz‘ eigene Vampire wird nur kurz auf die Quelle hingewiesen. Schnell stellt man fest: Historisch war der Vampir kaum gentlemanlike – und er kam in verschiedensten Formen und mit vielen Namen daher.

Viele dieser Namen zählt Markus Heitz auf und zu Beginn dachte ich auch mehrmals "Moment, ein Revenant ist doch etwas ganz anderes?!" Ja und nein – er hat gewisse Ähnlichkeiten zum Vampir, mehr als manche andere Wesen. Andererseits machen manche Phantasten heute eine wahre Wissenschaft aus der Klassifikation von Wesen, die es nicht einmal gibt.

Heitz' Definition des westlichen(!) Vampirs ist schließlich sehr vorsichtig:

Ein Vampir ist ein lebendiger, unverwester Toter, der aufgrund äußerer Umstände, Vererbung, Schicksal oder durch einen Vampir zum Vampir wurde, aus seinem Grab in unterschiedlicher Form in erster Linie nachts entweichen kann, um Mensch und Tier des Blutes zu berauben, was den Tod der Opfer zur Folge hat.

Das weitere Verhalten und die weiteren Fähigkeiten unterliegen regionalen Vorstellungen.

Töten kann man einen Vampir sicher durch das Verbrennen und Köpfen, Anwendung findet des Weiteren das Pfählen/Pflöcken (vorzugsweise des Herzens), wenn auch nicht immer mit sicherem Erfolg. (S. 83)

Das passt doch ganz gut, meint Heitz - und ich schließe mich dem an. Wer mehr über die vielfältigen regionalen Vorstellungen erfahren will, ist hier richtig - das Buch gibt gewissermaßen einen Crashkurs.

Leserfreundlicher Stil

Denn von einem nüchternen Sachbuch ist Vampire! Vampire! weit entfernt. Markus Heitz schneidet viele vampirähnliche Untote an, hält sich aber bei keinem Wesen lange auf. Er widersteht dabei auch der Versuchung, die eigene Verarbeitung hervorzuheben, wie mancher andere Autor - kurze Hinweise auf die Kinder des Judas gibt es, aber nur in einem Nebensatz.

Bis etwa Seite hundert liest sich das Buch kurzweilig. An diesem Punkt wird es ein Stück zäher: Jetzt geht es um die ernsthafte Auseinandersetzung mit Vampiren in früheren Zeiten. Aber das Buch unterhält auch gerade wegen der Quellen, denn die kuriosen Vorstellungen, die manche Menschen hatten, stehen in enormem Kontrast zu unserem "modernen" Vampir.

Zwischen Humor und Verschwörungstheorie

Das spricht auch Markus Heitz explizit an und hebt es hervor - ebenso wie die zahlreichen Widersprüche in den Aussagen zum Vampir. Eine zentrale Theorie: Diese Widersprüche haben Methode! Wandeln die Vampire unter uns? Der Vatikan deckt sie - immerhin verurteilte der Heilige Vater selbst die Hinrichtung von scheinbar noch lebenden Leichen! Und diese ständige Blutknappheit in Krankenhäusern ist doch sehr auffällig ...

Wer leicht Paranoia bekommt, der dürfte bald in jedem Schatten einen Vampir sehen. Halb so schlimm! Denn die Chancen sind gut, dass selbst DU ein Vampir bist. Neben dem Teufel, Dämonen, Elementargeistern führt eine ziemlich lange Liste an "Sünden" dazu, dass man zum Vampir wird. Und für die meisten kann man nicht einmal etwas; sonderlich unüblich sind diese heute auch nicht mehr - das Stigma unehelich Geborener ist in den meisten westlichen Kulturen hinfällig. Selbst wenn alles knorke ist: Am Ende kann selbst das Schicksal einen zum Vampir bestimmen.

Übrigens: Markus Heitz glaubt nicht an Vampire. Das sagt er ganz explizit. Vampire gibt es nicht. Kurze Denkpause bitte!

...

Genug gedacht? Genau! Das Buch ist Teil der Verschwörung und der Autor deckt die Vampire, gehört vielleicht sogar zu Ihnen. Fantasy? Ja, seit den Büchern muss das jeder dafür halten - aber genau das könnte ja der Plan sein.

Selbstredend bedenkt der Autor diese Thesen mit einem sarkastischen Augenzwinkern - und spinnt auch mal den ein oder anderen Faden weiter, wie man sich gegen Vampire schützen könnte, wenn denn alles stimmt: Wenn Vampire einfach nur Hunger haben am besten also ein paar gute Jahrgänge Blutkonserven im Keller haben!

Historische Dokumente

Zurück zu mehr Ernst: Markus Heitz belegt seine Aussagen mit zahlreichen Quellen: 630 Endnoten, 42 Primärquellen, 78 Verweise auf Sekundärliteratur. Für die eigentlichen Ausführungen bleiben 135 Seiten. (Adobe Digital Editions zählt dann bis Seite 163; Piper gibt als Seitenzahl die 224 Seiten der Printausgabe an.) Kernvorkommnis ist dabei der Vampirfall von Medvegia (einem kleinen Dorf nahe Belgrad).

Einen großen Vorteil bietet die von mir genutzte eBook-Fassung: Die Endnoten sind - ein passendes Gerät vorausgesetzt - mit den Anmerkungen am Ende verlinkt. Möchte ich die Quelle also nachsehen, kann ich das komfortabel tun - und der Text ist nicht mit Fußnoten oder gar Quellangaben in der Zeile "vollgemüllt". Ja, diese Quellangaben haben ihre Berechtigung - aber außerhalb der wissenschaftlichen Forschung würden ihn nur wenige schätzen. Auch wenn ich normalerweise Fußnoten vorziehe, halte ich Endnoten hier für die richtige Wahl.

Die Angabe der historischen Dokumente ist natürlich indirekt eine Aufforderung, selbst Recherche zu betreiben - gerade auch, weil es schlicht unmöglich ist, alle Aspekte zu Vampiren in einem einzigen Buch abzuhandeln. Viele Quellen machen dabei Interesse, dies zu tun: Hättest Du erwartet, dass es ausgerechnet in Rumänien, in dem Transsilvanien liegt, keine Tradition blutsaugender Untoter gibt?

Alternativen

Markus Heitz' Buch über Vampire ist nicht das erste seiner Art und wird auch nicht das letzte sein. Die Druckfassung hat bereits Katharina rezensiert, vor einigen Jahren.

Von Ditte und Giovanni Bandini stammt Das Vampirbuch, in dem die beiden auch auf soziale Vampire, Rollenspieler, Vampirmörder, die Gothszene und Lebende Vampire eingehen - und mitunter typische Klischees erfüllen.

Heitz' Ansatz ähnlicher ist Vampire von damals bis(s) heute von Nikolaus Equiamicus. Er betrachtet vor allem den historischen Vampir und ist dabei sehr quellenlastig und ernster. Im Gegensatz zu Heitz zitiert er diese Quellen meist direkt und führt das jeweilige Vorkommnis etwas stärker aus; am Ende schließt er mit einem Bogen zur literarischen Verwendung ab.

Im Endeffekt ist Markus Heitz' Vampire! Vampire! das, was es mit nur 135 Seiten und 630 Endnoten sein muss: Ein Einstiegspunkt zur Auseinandersetzung mit dem historischen Vampir - mir Augenzwinkernder Auflockerung.

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Avatar von nico Rezension von: (Grimoires.de)
Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.

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